Liestal BL soll an Glanz gewinnen. Darum kümmert sich seit Januar die 34-jährige Zentrumsmanagerin Marion Ernst.
Liestal BL
«Mich ausleben und einbringen»: Liestals City-Managerin in der Rathausstrasse. - onlinereports.ch / Daniel Aenishänslin

Das Wichtigste in Kürze

  • Liestal BL soll attraktiver werden.
  • Deshalb wurde Marion Ernst als neue Zentrumsmanagerin angestellt.
  • Die Ziele: Die Aufenthalts-Qualität steigern und die Leerstände der Läden verringern.
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Marion Ernst klebt eine Botschaft an das Schaufenster des leerstehenden Ladenlokals an der Rathausstrasse. «95 Quadratmeter voller Möglichkeiten» steht da in grossen Lettern, ergänzt durch einen QR-Code, der Interessierte direkt zu ihr führt.

Die 34-Jährige ist seit rund 100 Tagen Zentrumsmanagerin von Liestal BL. Ihre Ziele: Die Aufenthalts-Qualität steigern und die Leerstände der Ladenlokale möglichst gering halten. «Das ist einfacher gesagt, als getan», sagt sie.

Erfolg in Rheinfelden

Die Stadt Rheinfelden im Fricktal hat bereits Erfahrungen gesammelt mit einem City-Management. Die Ziele sind dieselben. Der freisinnige Stadtammann Franco Mazzi (FDP) zeigt sich damit «sehr zufrieden»; das Konzept habe sich «bewährt».

Unter anderem lobt Mazzi City-Managerin Corinne Caracuta dafür, dass Laden-Leerstände «deutlich reduziert» werden konnten. Gastronomen hätten ihre Aussenräume aufgewertet, der Wochenmarkt habe an Qualität gewonnen. Die Social-Media-Präsenz der Läden und Gastroangebote hätten gesteigert werden können. «Die Altstadt ist spürbar belebter.»

Das Regierungsgebäude am Ende der Rathausstrasse in Liestal.
Das Regierungsgebäude am Ende der Rathausstrasse in Liestal. - Nau.ch / Werner Rolli

Das will Liestals Zentrumsmanagerin auch erreichen. «Den grössten Druck mache ich mir selbst. Ich möchte möglichst schnell liefern», sagt Marion Ernst.

Von der Stadt Liestal habe sie noch keinen Druck verspürt. Im Gegenteil: Stadtpräsident Daniel Spinnler (FDP) gebe ihr grossen Freiraum.

Ernst hat nach etwas «Speziellem» gesucht: «Hier kann ich mich ausleben und einbringen.» Drei Jahre hat sie Zeit. So lange ist ihre Stelle finanziert.

Die langen Wege

Corinne Caracuta ist 40 Jahre alt und seit vier Jahren City-Managerin in Rheinfelden. Der Austausch mit unterschiedlichsten Akteurinnen und Akteuren aus Gastronomie, Detailhandel, aus der Immobilienbranche oder Verwaltung motiviert sie.

«Es begeistert mich, mit diesen Anspruchsgruppen gemeinsam an der Attraktivität unserer Altstadt zu arbeiten», sagt Caracuta.

Warst du schon einmal in Liestal BL?

In Liestal hat sich Marion Ernst als Erstes «mit grossen Ohren» auf den Weg gemacht. Zu Fuss. 140 Geschäfte im Zentrum hat sie inzwischen abgeklappert. Sie wollte spüren, wo der Schuh drückt.

Die Gespräche hätten jeweils zwischen 30 Minuten und drei Stunden gedauert, erzählt sie. An einem dieser Abende sei sie in einem Coiffeur-Salon gestanden. Am Ende hätten sie über Gott und die Welt geredet. «Ich habe mich ein wenig in Liestal verliebt.»

Ernst lebt seit vielen Jahren mit ihrem Partner in Allschwil. Ihr Weg führte über die Walliser Alpen und thailändische Strände in die Liestaler Rathausstrasse, die Flaniermeile des Baselbieter Hauptorts.

Die gelernte Floristin erfüllte sich ihren ersten Berufs-Traum in 5-Sterne-Hotels. «Dort kannst du dich verwirklichen. Es muss einfach schön aussehen, wirken und darf auch etwas kosten», sagt sie.

In der Sommersaison arbeitete Ernst im Grandhotel Giessbach in Brienz. Die Wintersaison verbrachte sie in Zermatt im Dienst der Seiler-Gruppe. Dieser gehört das Schmuckstück Mont Cervin Palace, wo der Sänger Phil Collins einst seinen 50. Geburtstag feierte.

Marion Ernst verliebte sich in die Gastronomie. In Thun absolvierte sie die Hotelfachschule. Es folgten Praktika in den Zermatter Top-Hotels Omnia und Mirabeau sowie im thailändischen Khao Lak im JW Marriott Resort und Spa.

Schliesslich führte sie ihr Weg über die Betriebsleitung der Regensberger Krone nach Basel. Sie wurde Direktionsassistentin im Boutique & Design Hotel im Volkshaus an der Rebgasse.

Von der Floristin zur Zentrumsmanagerin – das habe sich so entwickelt, sagt Ernst. «Für mich ist wichtig, dass ich immer an einem Herzensprojekt arbeiten kann.» Dann spiele es auch keine Rolle, wie viel Arbeit auf einen warte.

Wo der Schuh drückt – an einigen Stellen

Als sie in Liestal die verschiedenen Geschäfte besuchte, stellte sie fest, dass der Schuh offenbar an mehr als einer Stelle drückt. Während der obere Teil der Rathausstrasse um das Stadttor zwar ausbaufähig, aber doch gut frequentiert sei, müsse die Frequenz im unteren Teil gesteigert werden, sagt Ernst.

Die Gewerbetreibenden in diesem Abschnitt hätten noch am Umbau des Restaurants Schützenstube zu nagen. Am Ende wird das Lokal wohl schön aussehen. Aktuell sieht es aber nicht nett aus, und die Arbeiten verursachen Lärm.

Die Gewerbetreibenden in der parallel zur Rathausstrasse verlaufenden Kanonengasse wünschten sich, dass Events wie der Weihnachtsmarkt bis in ihre Gasse ausgebaut würden, berichtet Ernst. Dies wiederum sei schwierig, weil stets Sicherheitsaspekte beachtet werden müssten. Spätestens seit dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt auf dem Breitscheidplatz von 2016.

Liestal BL
Leerstände reduzieren: Marion Ernst vor dem Schaufenster eines verlassenen Ladenlokals. - onlinereports.ch / Daniel Aenishänslin

Schliesslich ist da noch die Gastronomie, deren Ruf man aufpolieren müsse. Das sagen offenbar sogar einige der Gastronomen selbst. Der Angebotsmix müsse verbessert werden. Abends laufe zu wenig im Kantonshauptort. «Einige Gastronomen sagen, dass die Liestaler Gastronomie viel damit zu tun habe.»

Keine Angestellte der Stadt

Ernst betont, dass sie nicht eine Angestellte der Stadt, sondern des «Vereins Erlebniszentrum Liestal» sei. Sie will vermeiden, dass man sich einseitig vernetzt, und einen neutralen Blick auf Liestal bewahren.

Auch möchte sie Liestal nicht das Konzept einer anderen Stadt wie Luzern oder Zürich überstülpen. «Liestal ist eine Stadt, aber eine mit Dorfcharakter. Man spricht miteinander. Das ist gut so.» Ernst ist im ländlichen Wattenwil bei Thun aufgewachsen.

Rheinfeldens City-Managerin Corinne Caracuta weiss, dass es Fingerspitzengefühl, Empathie und Zeit braucht, «um eine tragfähige Vertrauensbasis aufzubauen». Gemeinsam Strategien zu entwickeln und sich auf gemeinsame Ziele auszurichten, sei zwar aufwendig – aber auch sehr wertvoll.

Die Läden am neuen Liestaler Bahnhof sieht Ernst nicht als Konkurrenz zu den Gewerbetreibenden in der Altstadt, sondern als «Pluspunkt». Vielmehr sei der Bahnhof eine gelungene Anbindung an das Stedtli mit ergänzenden Einkaufsmöglichkeiten.

«Wichtig ist, dass man weiss, was man im Stedtli bekommt». Deshalb ist online nun eine Karte einsehbar, die präzise zeigt, wo genau was erworben werden kann. Eine Karte, die letztlich auch am Bahnhof platziert werden soll.

Ob es sich dabei um Ernsts ersten grossen Wurf handelt, wird sich zeigen. Sie darf aber bestimmt noch weiter «werfen». Liestal wünscht sich das.

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Hinweis: Dieser Artikel von Daniel Aenishänslin wurde zuerst im Basler Newsportal «OnlineReports» publiziert.

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