Orpund BE: Bulgare streitet Mord an Tierärztin ab

Das Wichtigste in Kürze
- Eine Tierärztin wurde im Juli 2016 in einem Wald in Orpund BE getötet.
- Ihr mutmasslicher Mörder, ein Bulgare wurde fünf Tage später verhaftet.
- Am Dienstag begann der viertägige Prozess in Biel BE.
Die Tat schockierte vor vier Jahren das Berner Seeland: Eine Tierärztin ging an einem Sonntag Mitte Juli 2016 mit ihrem Rauhhaardackel im Burgerwald in Orpund BE spazieren.
Es war der letzte Spaziergang der beiden: Am nächsten Morgen findet eine Spaziergängerin die Leiche der Tierärztin neben einem schmalen Waldweg. Das Opfer wurde mit einem Maurerbeil brutal getötet. Ihr treuer Dackel «Lucky» harrte die ganze Nacht neben seinem toten Frauchen aus. Auch der Hund ist verletzt.
Fünf Tage später wird der mutmassliche Mörder der Tierärztin gefasst: Es ist ein Bulgare (42). Er hatte versucht, mit dem gestohlenen Chevrolet Matiz seines Opfers beim Grenzübergang Trasadingen SH aus Deutschland her wieder in die Schweiz einzureisen.

Haarsträubende Versionen
Seit heute steht der mutmassliche Mörder der Tierärztin in Biel BE vor Gericht. Er wirkt verwahrlost, mit halblangen strähnigen Haaren und einem wuchernden Bart. Er streitet ab, die Tierärztin getötet zu haben. «Ich bin eine gute Person, ich kann keinen Mord begehen», sagt er wild gestikulierend. «Ich bin ein Opfer der Umstände.»
Am Tatort im Burgerwald konnten seine DNA-Spuren sichergestellt werden. Der Bulgare war wegen Einbruchsdiebstählen in der Schweiz bereits in der nationalen DNA-Datenbank registriert.
«Wie erklären Sie sich Ihre DNA-Spuren am Tatort?», fragt der Richter. Der Bulgare liefert eine haarsträubende Antwort: «Dafür gibt es Spezialisten, die im Labor meine DNA auf die Gegenstände platzierten.»

In den Verhören hatte er eine andere ebenso abenteuerliche Version zum Besten gegeben. Er lebte damals in einer Waldhütte im Burgerwald in Orpund. Unbekannte, die er dort getroffen habe, hätten dann seine DNA am Tatort gestreut.
Auch zum Diebstahl des Autos seines Opfers liefert der Angeklagte abstruse Erklärungen. «Ich bekam das Auto geschenkt», sagt er. In den Verhören seit seiner Verhaftung vor vier Jahren erklärte er, er habe den Autoschlüssel zufällig im Wald gefunden. «Ich habe das Auto aber nicht gestohlen», sagt er dem Richter.
Asylantrag unter falscher Identität
Der mutmassliche Mörder kannte sein Opfer nicht. Er hatte Anfang 2016 unter einer falschen Identität als Russe einen Asylantrag in Basel gestellt. Er lebte vorher in Deutschland. «Ich kam in die Schweiz, weil man hier gut verdient», sagt er.
Der Bulgare ist auch wegen mehrerer Einbrüche, Diebstahl, Sachbeschädigung und Behördenbetrug angeklagt. Auch das streitet er ab.
Bei seiner Verhaftung am 22. Juli 2016 sass er zudem betrunken am Steuer. Zu diesem Zeitpunkt hatte er ein Einreiseverbot in die Schweiz. «Ich hatte davon keine Ahnung», sagt er. «Habe ich kein Recht zu Atmen?»
Schädel zertrümmert
Er tötete sein Opfer auf unfassbar brutale Art und Weise. Mit einem 776 Gramm schweren Maurerbeil schlug er mindestens 15 Mal auf den Kopf der Tierärztin. Mindestens sieben Mal davon mit der Klinge. Er zertrümmerte so regelrecht den Schädel seines Opfers.
Die Tierärztin lebte für ihren Beruf und ihren Rauhaardackel. Ein Nachbar verfolgt den Prozess vor Ort. «Sie war eine herzensgute Frau», sagt er Nau.ch. «Es ist einfach nur schrecklich, dass sie so sterben musste.»
Voll schuldfähig
Ein Psychiater attestiert dem Bulgaren schwere psychische Störungen. Er ist ein Psychopath. Trotzdem sei er aber voll schuldfähig. Therapieren könnte man den Mann nicht, sagt der Psychiater.
Staatsanwalt fordert 17 Jahre Gefängnis
Der Staatsanwalt fordert 17 Jahre Gefängnis und die anschliessende Verwahrung. «Er ist eine Gefahr für die Öffentlichkeit. Es gibt ein sehr hohes Rückfallrisiko und er kann nicht therapiert werden.»
Die Tat sei eine der schlimmsten in der Region in den letzten zehn Jahren. «Es war eine regelrechte Hinrichtung. Das Opfer wurde vollkommen überrascht und hatte keine Chance zum Überleben. Es gab keine Abwehrspuren», so der Staatsanwalt.
Der Pflichtverteidiger fordert insgesamt zehn Jahre Gefängnis.
Urteil am Freitag
In seinem Schlusswort zeigt der Angeklagte keinerlei Einsicht oder Reue: «Wenn ich ein Psychopath sein soll, weshalb bin ich dann nicht in einer Klinik, damit ich geheilt werden kann? Und wieso bin ich seit vier Jahren eingesperrt? Ich habe Verpflichtungen.»
Die Verfahrenskosten belaufen sich bis jetzt auf über 95'000 Fr. Das Urteil wird am Freitag Nachmittag verkündet.