Nobelpreisträger Daniel Kahneman war ein weltberühmter Psychologe. Mit 90 Jahren kam er in die Schweiz, um freiwillig zu sterben – aus Angst vor Demenz.
Daniel Kahneman Barack Obama
Daniel Kahneman erhielt am 20. November 2013 die Freiheitsmedaille vom damaligen US-Präsidenten Barack Obama überreicht. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Vor rund einem Jahr starb Daniel Kahneman. In den Nachrufen fehlten Angaben zur Ursache.
  • Jetzt ist klar, dass er in Nunningen SO Suizidhilfe in Anspruch nahm.
  • Die Schweiz ist das einzige Land der Welt, in dem Sterbehilfe für Ausländer erlaubt ist.
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Daniel Kahneman war ein weltberühmter Psychologe und gewann 2002 den Nobelpreis in Ökonomie. 2013 erhielt er vom damaligen US-Präsidenten Barack Obama die Freiheitsmedaille. Es ist die höchste zivile Auszeichnung der USA.

Trotz guter Gesundheit starb der israelisch-amerikanische Doppelbürger am 27. März 2024. Laut «CH Media» wurde aus den Nachrufen nicht ersichtlich, woran Kahneman gestorben war.

Doch vom «Wall Street Journal» veröffentlichte Auszüge aus seinem Abschiedsbrief bringen Licht ins Dunkel. Denn darin habe er angekündigt, dass er sein Leben in der Schweiz beenden werde.

Angst vor Demenz

Seine grösste Angst war offenbar, dass er an Demenz erkranken könnte. Und so von anderen Menschen abhängig zu werden sowie Entscheidungen nicht mehr selbst treffen zu können.

Ein Neurologe habe ihm zwar versichert, dass er keine Demenz habe. Dennoch war für Kahneman demnach klar, dass er in naher Zukunft dement werden könnte.

Daniel Kahneman
Daniel Kahneman starb am 27. März 2024. In den Nachrufen wurden keine Angaben zu der Todesursache gemacht.
Daniel Kahneman
Jetzt ist klar: Er nahm in Nunningen SO die Dienste einer Sterbehilfe-Organisation in Anspruch.
Daniel Kahneman
Wie aus einem Abschiedsbrief hervorgeht, hatte Kahneman Angst, an Dement zu erkranken. Seine Ehefrau Anne Treisman (r.) litt vor ihrem Tod jahrelang an Demenz.
Daniel Kahneman
Daniel Kahneman erhielt 2002 den Nobelpreis in Ökonomie. Hier mit König Carl Gustaf von Schweden.

Der Psychologe hatte in seinem engsten Umfeld schmerzliche Erfahrungen mit der Krankheit gemacht. So etwa bei seiner Mutter.

Es war für ihn entsetzlich, dass er am Ende ihres Lebens mehr über ihre Erlebnisse wusste als sie selbst. Besonders schmerzhaft war zudem, dass seine Ehefrau Anne Treisman vor ihrem Tod ebenfalls jahrelang dement war.

«Leiden und Demütigungen der letzten Lebensjahre überflüssig»

«Seit meiner Jugend bin ich überzeugt, dass das Leiden und die Demütigungen der letzten Lebensjahre überflüssig sind. Und ich handle nach dieser Überzeugung», steht etwa in seinem Abschiedsbrief.

Laut «CH Media» nahm Kahneman die Dienste der Sterbehilfe-Organisation Pegasos in der Gemeinde Nunningen SO in Anspruch. Die Solothurner Staatsanwaltschaft habe den aussergewöhnlichen Todesfall von Amtes wegen geprüft und das Vorgehen für rechtens angesehen.

Die Schweiz ist das weltweit einzige Land, in dem Sterbehilfe für Ausländer erlaubt ist. Hier darf nämlich jeder urteilsfähige Mensch selbst entscheiden, wann er sein Leben beenden möchte.

Das heisst, die Person muss die unwiderruflichen Folgen dieses Entscheids selbst abschätzen können. Mit einer Demenz wäre dies zum Beispiel nicht mehr möglich.

Kahnemanns konkurrierende Denksysteme

Kahneman widmete sein Leben als Psychologe den Entscheidungsfindungen von Menschen. Dabei beschrieb er in seinem Lebenswerk unter anderem zwei Denksysteme, die einander immer konkurrieren würden.

Das eine sei das instinktive Denken, das aus dem Bauchgefühl entstehe. Das andere sei das logische Denken, für welches Menschen mehr Zeit benötigten.

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Brauchst du Hilfe?

Bist du selbst depressiv oder hast Suizidgedanken?

Dann kontaktiere bitte umgehend die Dargebotene Hand (www.143.ch). Unter der kostenlosen Hotline 143 erhältst du anonym und rund um die Uhr Hilfe.

Die Berater können Auswege aus schwierigen Situationen aufzeigen. Auch eine Kontaktaufnahme über einen Einzelchat oder anonyme Beratung via E-Mail ist möglich. Hilfe für Suizidbetroffene: www.trauernetz.ch

Für Kinder und Jugendliche ist das Telefon 147 da – auch per WhatsApp und E-Mail oder unter www.147.ch.

Eltern können sich per Telefon, WhatsApp oder E-Mail an die Elternberatung wenden: www.projuventute.ch/elternberatung.

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