Marche Blanche in Bulle FR nach Femizid im Kanton Freiburg

Nach dem Femizid in Epagny FR hat am Freitag in Bulle ein «Marche Blanche» mit rund 350 Personen stattgefunden. Die Teilnehmenden der Kundgebung forderten «echte Mittel» zur Bekämpfung sexistischer und sexueller Gewalt.
Der Demonstrationszug verliess um 10 Uhr den Eingang des Stadions von Bouleyres und zog durch den Schlossgraben zum Marktplatz. Der Solidaritätsmarsch wurde von Marie-Ange Castella organisiert, einer bald 39-jährigen Mutter, die im Greyerzerland lebt. Sie war in der Vergangenheit selbst Opfer häuslicher Gewalt geworden. Sie wolle mit dem Marsch ihre Trauer und Solidarität ausdrücken, sagte die Organisatorin am im Vorfeld der Zeitung «La Liberté».
Castella will auch ein System anprangern, das nicht oder nicht in allen Fällen funktioniert«, sagte sie in der Freiburger Tageszeitung. Ein System, das »die Opfer ernst nehmen muss«. Castella lebt seit 2021 unter dem Schutz eines Annäherungsverbots gegen ihren Ex-Lebensgefährten.
Sie habe festgestellt, dass diese Annäherungsverbote nicht wirklich durchgesetzt würden, so Castella. Ähnlich argumentierten am Mittwochabend auch die rund 300 Teilnehmenden einer Kundgebung in Freiburg vor dem Theater Equilibre.
«Marche Blanche» in Bulle und Kundgebung in Fribourg
Sowohl der Marsch in Bulle als auch die vom Collectif Grève féministe Fribourg organisierte Kundgebung fanden zu Ehren der 39-jährigen Frau statt, die in Epagny von ihrem Ehemann getötet worden war. Die Frau war Mutter von vier Kindern im Alter zwischen 13 und 20 Jahren. Das Paar kosovarischer Herkunft war in der Region ansässig.
Laut dem Genfer Kollektiv wurden im Jahr 2025 in der Schweiz «mindestens 14 Frauenmorde» begangen. Das sei fast eine getötete Frau pro Woche – ein alarmierender Rhythmus, «doppelt so hoch wie der Durchschnitt der letzten Jahre». Der Kanton investierte zu wenig in die Instrumente zur Bekämpfung der Gewalt durch Männer, hiess es.
«Die Behörden tun nicht genug, überall in der Schweiz», stellte Aude Spang, Mitglied des Kollektivs, am Mittwoch fest. Es fehlten die nötigen Plätze, das Personal und die Ressourcen. So hätten die von der Freiburger Justiz ergriffenen Massnahmen die am 10. April erschossene Frau nicht geschützt.
Ehemann erschiesst Frau am Arbeitsplatz und richtet sich selbst
An diesem Tag erschien der Ehemann der in Epagny getöteten Frau mit einem Gewehr am Arbeitsplatz seiner Ehefrau, die dort Hausarbeiten erledigte. Nachdem er das Haus betreten hatte, schoss der 41-Jährige viermal auf seine Frau, bevor er die Waffe gegen sich selbst richtete.
Der Mann war vom 18. September bis zum 5. Dezember 2024 im Rahmen eines Verfahrens wegen häuslicher Gewalt inhaftiert worden, bevor er unter Auflagen freigelassen wurde. Dazu gehörten ein Annäherungs- und Kontaktverbot, eine therapeutische Betreuung zur Gewaltbewältigung und eine Bewährungshilfe.
Bei einer Konfrontation zwischen den Eheleuten vor Gericht am 2. Dezember hatte die Frau laut Staatsanwaltschaft Aspekte sexueller Gewalt widerrufen. Die Aspekte körperlicher Gewalt erhielt sie aufrecht. Daher sei es zur Entlassung aus der Haft gekommen. Die Einzelheiten wurden am Samstag bei einer Pressekonferenz in Bulle bekannt gegeben.