Neue Studienplätze gegen den Fachkräftemangel im Gesundheitswesen? Zwei emeritierte Professoren halten davon wenig. Sie stellen eine brisante Forderung.
Ärzte
Der grösste Teil der Ärztinnen und Ärzte in der Schweiz arbeitet Teilzeit. (Symbolbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Schweiz hat einen gravierenden Fachkräftemangel im Gesundheitswesen.
  • Der Kanton Zürich will als Massnahme neue Studienplätze schaffen.
  • Zwei Wissenschaftler sehen das Problem darin, dass viele Ärzte Teilzeit arbeiten.
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Zwei emeritierte Medizinprofessoren der Universität Zürich sorgen mit einer brisanten Forderung für Aufsehen: Ärzte, die früh aus dem Beruf aussteigen oder Teilzeit arbeiten, sollen einen Teil der Studienkosten zurückzahlen müssen.

Dies soll dem Fachkräftemangel entgegenwirken, berichtet der «Tagesanzeiger». Zunächst zu den Zahlen: Ein sechsjähriges Medizinstudium kostet Bund und Kanton und somit die Steuerzahlenden viel Geld. Konkret bis zu 750'000 Franken, sagen Zahlen des Bundesamts für Statistik.

Nur wenige Ärzte arbeiten Vollzeit

Gleichzeitig arbeiteten 2024 fast drei Viertel der ausgebildeten Ärztinnen und Ärzte im Kanton Zürich weniger als 80 Prozent. Die Hälfte sogar weniger als 60 Prozent, das zeigen die Mitgliederzahlen der Zürcher Ärztegesellschaft.

Ein Bericht des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums aus dem Jahr 2016 ergab zudem: Elf Prozent derer, die in der Schweiz ein Humanmedizinstudium abgeschlossen haben, steigen früher oder später ganz aus dem Beruf aus.

Fachkräftemangel
Der Fachkräftemangel im Schweizer Gesundheitswesen ist gewaltig. (Symbolbild)
Numerus Clausus
Eine politische Forderung, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, ist es, den Eignungstest fürs Medizinstudium abzuschaffen. (Symbolbild)
Fachkräftemangel
Zwei emeritierte Professoren der Universität Zürich sehen das Problem darin, dass zu viele Ärztinnen und Ärzte Teilzeit arbeiten. (Symbolbild)

Dass die Steuerzahlenden für den Grossteil der Studiengebühren aufkommen, ist Johann Steurer und Erich W. Russi angesichts dieser Zahlen ein Dorn im Auge. Die beiden früheren Professoren fordern, dass «die kostspielig Ausgebildeten» stärker in die Pflicht genommen werden.

Gegenüber der Zeitung erklären sie zudem: «Falls die ärztliche Tätigkeit schon wenige Jahre nach dem Studium abgebrochen wird, müsste ein Teil der Studienkosten zurückerstattet werden. Eine solche systematische Korrektur entschärft den Ärztemangel effektiver als die Erhöhung der Studienplätze, wie sie die Politik aktuell vorsieht.»

Kanton Zürich will mehr Studienplätze – Bund mehr Studierende

Die beiden Wissenschaftler nehmen Bezug auf einen Auftrag, den das Zürcher Kantonsparlament der Regierung erteilt hat. Dieser sieht vor, die Schaffung zusätzlicher 500 Studienplätze für die Humanmedizin zu prüfen.

Auf Bundesebene gibt es ähnliche Pläne: Das Parlament forderte im letzten Herbst vom Bundesrat eine Überprüfung der Zulassungskriterien für das Medizinstudium. Eine diskutierte Forderung war es etwa, den Eignungstest, den Numerus clausus, abzuschaffen.

Befürwortest du die Abschaffung des Numerus clausus als Eignungstest fürs Medizinstudium?

Ziel allfälliger Massnahmen ist es, dem Fachkräftemangel im Gesundheitswesen entgegenzuwirken. Aktuell kommen über 40 Prozent der in der Schweiz arbeitenden Ärztinnen und Ärzte aus dem Ausland.

Wissenschaftler: Erhöhung der Studienplätze «schafft Flaschenhals»

Steurer und Russi halten eine Erhöhung der Studienplätze für wenig sinnvoll. Damit «schafft man lediglich einen Flaschenhals», sagen sie zur Zeitung. «Denn, die Anzahl der Weiterbildungsstellen wird in Zukunft angesichts drohender Spitalschliessungen wohl eher rarer.»

Die emeritierten Professoren fordern: «Statt die Studienplätze zu erhöhen, sollte man lieber die derzeit unwirtschaftliche Finanzierung des Medizinstudiums überdenken.»

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