GPK halten Bundesanwalt «falsches Aufsichtsverständnis» vor

Das Wichtigste in Kürze
- Die GPK wirft Michael Lauber vor, die Aufsichtshandlung der AB-BA nicht zu akzeptieren.
- Sie beschuldigt Lauber zudem, die Bundesanwaltschaft bei der Arbeit gehindert zu haben.
Neue Vorwürfe an Bundesanwalt Michael Lauber: Die Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) des Parlaments halten ihm unter anderem ein «falsches Aufsichtsverständnis» vor. Sie haben das Verhältnis zwischen der Bundesanwaltschaft und der Aufsichtsbehörde durchleuchtet.
Das Disziplinarverfahren gegen Lauber, das die AB-BA im März 2020 abschloss, wollten die GPK so weit als möglich ausklammern. Im Herbst 2019 habe sich aber gezeigt, dass das Verfahren namentlich aufseiten der BA-Vertreter «Aussagen stark überschattete» und deren Objektivität «zumindest teilweise fraglich» erscheine, schrieben sie.

Lauber bekunde «tendenziell Mühe, Aufsichtshandlungen der AB-BA zu akzeptieren». So steht es im Bericht, den die GPK der beiden Kammern am Donnerstag vorlegten. Das Verhältnis zwischen Bundesanwaltschaft und Aufsichtsbehörde sei «gestört».
Wollte Lauber die Bundesanwaltschaft hindern?
Aufgrund der mangelnden Kooperation durch die Bundesanwaltschaft könne die AB-BA ihre Aufgabe gegenwärtig nicht im gewünschten Umfang wahrnehmen. Einem «falschen Aufsichtsverständnis» entspricht es in den Augen der parlamentarischen Aufsicht, wenn der Bundesanwalt der Aufsicht Schranken setzen wolle. Also wann und wie weit sie vom Recht auf Akteneinsicht Gebrauch machen dürfe. Ob ein Blick in die Akten nötig sei oder nicht, habe die Aufsichtsbehörde zu entscheiden.

Bundesanwalt Lauber «verkennt» in den Worten der GPK, «dass die Aufsichtsbehörde ebenso unabhängig ist wie die Bundesanwaltschaft selbst». Nehme das Aufsichtsorgan Einfluss, indem es untersuche, kritisiere, und wenn nötig Weisungen erteile, verletze es die Unabhängigkeit der Strafverfolgung nicht. Dass die AB-BA Einfluss wahrnehme, entspreche dem Wunsch des Gesetzgebers, schreiben die GPK. Dass die Bundesanwaltschaft «der Aufsicht den Takt vorgibt», könne nicht sein.
GPK Kritisiert Aufsichtsbehörde
Mängel sehen die GPK aber auch bei der Aufsichtsbehörde. Etwa habe sie «eine wesentliche Information» wie die Prüfung einer Eröffnung eine Disziplinarverfahrens gegen Lauber nur an ein Medium weitergegeben statt an alle Medien gleichzeitig.
Inspektionen der AB-BA seien bisher teilweise ungenügend ausgewertet und in schriftliche Berichte gefasst worden, stellten die GPK weiter fest. Etwa stehe der Bericht zur Inspektion «Generalsekretariat BA» anderthalb Jahre nach dem Abschlussgespräch immer noch aus.
Lauber kritisierte gegenüber den GPK das Fehlen dieses Berichts. Die AB-BA zitierten sie mit der Aussage, dass es aus Ressourcengründen nicht gelungen sei, den Bericht vorzulegen. Die Behörde akzeptiere diese Kritik des Bundesanwalts «voll».

Als «gescheitert» betrachten die GPK ihren eigenen Versuch, mit «vertrauensbildenden Massnahmen» das Verhältnis zwischen Bundesanwaltschaft und Aufsichtsbehörde zu verbessern. «Das Verhältnis zwischen diesen beiden Behörden ist stark gestört», konstatieren sie.
Das Aufsichtssystem habe in den Aufbaujahren seit 2011 grundsätzlich funktioniert, sich aber als nicht krisenfest erwiesen, so die GPK. Sie sieht gesetzgeberischen Handlungsbedarf. Überprüft werden müsse auf beiden Seiten Organisatorisches sowie Kompetenzen, Instrumente und Ressourcen der Aufsicht.
AB-BA und BA können bis September Stellung nehmen
Die GPK wollen nun Rechtsgutachten zu den rechtlichen Grundlagen der AB-BA sowie zu den organisationsrechtlichen Grundlagen der BA in Auftrag geben und mehrere Modelle prüfen lassen. Danach soll ein Schlussbericht erstellt werden.
AB-BA und BA können bis 15. September 2020 zu den Schlussfolgerungen der GPK Stellung nehmen. Am Donnerstag hiess es bei der BA auf Anfrage, sie nehme Kenntnis vom Bericht und mache keine weiteren Angaben. Lauber habe zum Entwurf des Berichts Stellung genommen und den GPK in einer Anhörung seine Position dargelegt.

Die AB-BA fühlte sich im Bericht «bestätigt» in der Art und Weise, wie sie ihre Aufsicht ausübe, wie sie schrieb. Sie wolle die Hinweise der GPK «so rasch wie möglich in ihre Aufsichtstätigkeit einfliessen lassen».
Im Fokus des Disziplinarverfahrens der AB-BA standen informelle Treffen von Lauber mit Fifa-Präsident Gianni Infantino, im Zusammenhang mit dem Fifa-Verfahrenskomplex. Die AB-BA warf Lauber vor, verschiedene Amtspflichten verletzt zu haben. Sie will ihm den Lohn um 23'827 Franken kürzen, was 8 Prozent des Jahreslohns entspricht. Lauber erhob Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht.
Diese Vorwürfe der AB-BA bestreitet Lauber vehement, und er griff seinerseits die Aufsicht an: Diese habe im Verfahren gegen ihn eine «gehörige Portion Böswilligkeit an den Tag gelegt», weil es ihm Lügen zu umstrittenen Treffen mit Infantino unterstelle.