Bischof Gmür will schweizweites kirchliches Gericht per 2024

Bischof Felix Gmür hat am Freitag in Basel angekündigt, dass im Jahr 2024 ein bistumsübergreifendes kirchliches Strafgericht für Missbrauchsfälle errichtet wird. Damit antwortete er auf den Beschluss der Luzerner Synode, die Beiträge ans Bistum zu blockieren.
Wenn es bei Missbrauchsfällen bei einem staatlichen Gericht zu einem Urteil kommt, soll das kirchliche Gericht übernehmen, um zum Beispiel über einen Ausschluss aus einem Orden zu entscheiden. Dieses Gericht soll aus Fachleuten bestehen, die sich mit Kirchenrecht auskennen, die aber nicht zwingend der römisch-katholischen Kirche angehören müssen, wie der Bischof des Bistums Basel vor den Medien erklärte.
Bis jetzt kümmerte sich jeweils ein Gericht des eigenen oder eines anderen Bistums darum. Mit einem Gericht, das alle Bistümer der Schweiz umfasst, sei der Pool an Fachleuten wie Richterinnen und Richter grösser, welche diese Aufgabe übernehmen können.
Kirchenparlament möchte Taten erwirken
Ebenfalls im Jahr 2024 werde das Bistum Basel eine Ombudsstelle für Anliegen jeglicher Art einrichten. Dort sollen nicht nur Missbrauchsfälle, sondern auch kleinere Unstimmigkeiten gemeldet werden können.
Gmür sagte, er respektiere den Entscheid der Luzerner Synodalen und verstehe die Sorgen dort. «Es wäre aber besser und wünschenswert gewesen, zuerst miteinander zu reden», sagte der Bischof. Er sei bereit für Gespräche mit einer von der Synode bestimmten Sonderkommission. Diese beschloss am 8. November, die Hälfte des Beitrags nicht ans Bistum zu überweisen – über die zweite Tranche wird im Herbst 2024 entschieden.
Damit wollte das Kirchenparlament nach der im September veröffentlichten Vorstudie zu Missbrauchsfällen Taten erwirken. «Wir werden das ausdiskutieren und einen guten Weg finden», sagte Gmür.
Entzug von finanziellen Mitteln «nicht zielführend»
Die Finanzkommission der kantonalen römisch-katholischen Körperschaften im Bistum Basel (Fiko) spricht sich für eine Weiterführung der Studie aus. Eine möglichst vollständige Aufklärung und eine Wiedergutmachung für die Opfer werde begrüsst, sagte Fiko-Präsident Christian Griss. Dabei anerkenne die Fiko die bereits ergriffenen Massnahmen des Bistums Basel wie etwa die Präventionskurse zum Thema «Nähe und Distanz». Diese werden seit 2004 durchgeführt und sind seit 2016 im ganzen Bistum obligatorisch.
Zudem müssen Angestellte der Kirche bereits jetzt Strafregister- und Sonderstrafregisterauszüge vorlegen. Dass die Luzerner Synode den Entzug von finanziellen Mitteln drohe, sei aus der Sicht der Fiko «nicht zielführend», sagte Griss.
Der Beitrag von 884'000 Franken der römisch-katholische Landeskirche Luzern ans Bistum bilden einen wesentlichen Anteil. Die Bistumsbeiträge aller Kantone betragen nämlich 3,8 Millionen Franken, das Gesamtbudget des Bistums Basel 5,1 Millionen, wie Gmür sagte. Falls Luzern beim Zahlungsstopp bleibt, wäre ein «Vermögensverzehr» die Folge. Dies würde zu Sparmassnahmen führen, sagte Griss.
1002 Fälle von sexuellem Missbrauch begangen
Hintergrund der Meinungsverschiedenheiten zwischen Luzerner Landeskirche und Bistum ist eine Vorstudie zu sexuellen Missbräuchen innerhalb der römisch-katholischen Kirche, die im September 2023 veröffentlicht wurde. Historikerinnen und Historiker der Universität Zürich zeigten in einer Analyse von Geheimarchiven auf, dass Kleriker und Ordensangehörige in den vergangenen 70 Jahren 1002 Fälle von sexuellem Missbrauch begangen haben.
Auftraggeber der Studie war unter anderem die Schweizer Bischofskonferenz, die von Felix Gmür präsidiert wird.