Ausländische Ermittler erhalten in der Schweiz Besuchsrecht

Das Wichtigste in Kürze
- Rund 60 Staaten können in der Schweiz eine vorübergehende Aufenthaltsbewilligung erhalten.
- Diese dient zur Befragung der jeweiligen Landsleute zwecks Rückschaffung.
- Bislang waren die Abkommen nur wenigen bekannt.
Die Schweiz gewährt nicht nur der chinesischen Staatssicherheit ein Aufenthaltsrecht zur Einvernahme eigener Landsleute zwecks Rückschaffung. Die Schweiz hat mit rund 60 anderen Staaten ähnliche Vereinbarungen, darunter Russland und die Türkei.
Seit Dezember 2015 darf die chinesische Staatssicherheit Nationalität und Identität ihrer Staatsbürger in der Schweiz ermitteln. Zumindest, wenn diese sich illegal im Land aufhalten, berichtete die «NZZ am Sonntag». Betroffen sind abgewiesene Asylsuchende, illegal Eingereiste, Sans Papiers und ähnliche Fälle.
Unbekannte Verträge
Der entsprechende Vertrag war nicht bekannt, weil er nicht in der amtlichen Rechtssammlung veröffentlicht werden muss. Dies gilt, weil es sich laut dem Staatssekretariat für Migration (SEM) lediglich um einen technischen Vertrag handelt.
Vergleichbare Arrangements wie mit China gibt es indessen mit rund 60 anderen Staaten. Darunter befinden sich etwa die Türkei, Russland, die Philippinen, Algerien oder Äthiopien. SEM-Sprecher Daniel Bach bestätigte am Mittwoch auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA einen entsprechenden Bericht der Tamedia-Zeitungen.
Asylgesetz als Grundlage würde genügen
Die allermeisten dieser Vereinbarungen sind Bestandteil der aktuell 48 offiziellen Rückübernahmeabkommen, wobei einige davon für mehrere Länder gelten. Lediglich in zwei Fällen handelt es sich um technische Vereinbarungen: mit China und Indien.
Darüber hinaus kooperiert das SEM gemäss Bach im Bereich der Identifizierung mit einzelnen Staaten ohne eine formale Vereinbarung. Als Rechtsgrundlage dafür genüge das Asyl- und Ausländergesetz.
Kommission nimmt Abkommen zur Kenntnis
Am Montag musste SEM-Staatssekretär Mario Gattiker in dieser Sache vor der aussenpolitischen Kommission des Nationalrates erscheinen und Auskunft geben. Sie habe zur Kenntnis genommen, dass es sich mit China nicht um ein geheimes, sondern um ein offizielles Administrativabkommen handelt. Lediglich das liess die Kommission im Anschluss verlauten.

Die Vereinbarungen seien im Interesse der Schweiz, sagte SEM-Sprecher Bach gegenüber Keystone-SDA, «nicht die Chinesen, wir wollten diese.» Sollte den Leuten im Herkunftsstaat keine Verfolgung drohen, könnte die Schweiz sie nicht wegweisen. Die Folge wäre, dass sie ohne Aufenthaltsrecht und damit irregulär im Land blieben. Deshalb sei das SEM froh um Unterstützung.
Nur Fragen nach der Identität
In Punkt 1 des Staatsvertrags mit dem chinesischen Ministerium für öffentliche Sicherheit steht explizit: «Die schweizerische Seite lädt chinesische Experten ein, die schweizerische Seite bei der Identifikation von mutmasslich chinesischen Staatsangehörigen mit irregulärem Aufenthalt in der Schweiz zu unterstützen.» Erlaubt sind lediglich Fragen nach der Identität.
Im Übrigen sei diese Praxis in ganz Europa «courant normal», sagte Bach weiter. Die Beamten der jeweiligen Länder würden im Rahmen ihrer Reisen durch Europa auch die Schweiz besuchen und Landsleute befragen. Dafür erhielten sie im Rahmen der Schengen-Abkommen ein Visum von maximal 14 Tagen und reisten dann weiter. Die Aufenthaltskosten übernimmt die Schweiz.