Die Lungenliga Bern feiert 2025 ihr 95-Jahr-Jubiläum.

Für Menschen mit Lungen- und Atemwegserkrankungen hat die Lungenliga Wertvolles zu bieten, wie das Gespräch mit der Co-Geschäftsführerin, Marianne Hühnli, zeigt.

Marianne Hühnli, kennen Sie in Ihrem privaten Umfeld auch Menschen mit einer Lungenerkrankung?
Ja, in meiner Verwandtschaft gab es Fälle von Tuberkulose, Asthma und Lungenkrebs.

Muss man daraus folgern, dass Lungenkrankheiten häufig sind?
Ja, sie sind häufig. An Lungenkrebs erkranken in der Schweiz jedes Jahr fast 5000 Personen. Und von der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung COPD sind rund 400‘000 Menschen betroffen. 

Ist Rauchen nach wie vor Hauptursache für COPD?
Rauchen ist auf jeden Fall ein begünstigender Faktor für Lungenkrankheiten und ganz besonders für Lungenkrebs und COPD; die Gefahr ist relevant grösser, kein Zweifel.

Die Lungenliga Bern feiert in diesem Jahr ihr 95-jähriges Bestehen. Wie werden Sie dieses Jubiläum feiern?
Wir haben das Jubiläum mit einem kleinen Personalanlass eingeläutet, und wenn sich die Gelegenheit ergibt, thematisieren wir unsere Arbeit im Laufe dieses Jahres verstärkt in der Öffentlichkeit. Dazu gehört auch dieses Gespräch im BärnerBär.

Welche Lungenkrankheiten haben zu-, welche abgenommen?
Der Treiber zur Gründung der Lungenliga Bern vor 95 Jahren war die Bekämpfung der Tuberkulose. Seither ist diese Krankheit bei uns stark zurückgegangen und hat deshalb gesellschaftlich an Dramatik verloren. Für Betroffene ist die Tuberkulose aber immer noch belastend, auch wenn sie heilbar ist. Zugenommen haben Lungenkrankheiten, die aufgrund von Fettleibigkeit (Adipositas) eine Beatmung nötig machen. Bei Kindern zugenommen hat die sogenannte unreife Lunge. Der Grund ist, dass man früh geborene Kinder in immer jüngerem Alter am Leben erhalten kann. Bei Extremfrühgeburten kommt es jedoch häufig zu bleibenden oder vorübergehenden Lungenschäden, so dass die Kinder Atemunterstützung benötigen. Heute betreut die Lungenliga nicht nur lungenkranke Menschen, sondern auch Personen mit anderen Atemwegserkrankungen. Hier hat besonders die Schlafapnoe zugenommen, also Atemaussetzer im Schlaf. Ab einer bestimmten Frequenz sind solche Aussetzer gesundheitsschädigend. Die Zunahme von Schlafapnoe ist allerdings auch damit zu erklären, dass sie früher ganz einfach nicht diagnostiziert wurde.

Welche Ihrer Angebote erfahren den grössten Zuspruch?
Die Betreuung von Menschen mit starker Schlafapnoe. Auf viel dankbare Resonanz stossen aber auch andere Dienstleistungen, etwa die Sozialberatung, das Beatmungsangebot oder die Therapie von Kindern und Jugendlichen, die wir vor drei Jahren begonnen haben. 

Was bezeichnen Sie als Schwerpunktarbeit der Lungenliga Bern?
Die Schwerpunkte liegen bei der Aufklärung, Beratung und Schulung von Patientinnen und Patienten, von Angehörigen und von Spitex-Organisationen, da die Lungenliga selbst keine Pflege übernimmt. Weiter informieren wir in Berufsfachschulen und Lehrbetrieben mittels Sucht-Workshops zu den Themen Tabak, Nikotin und Stress, denn Rauchen ist häufig eine Stresskompensation. Ein weiterer Schwerpunkt sind unsere Geräte für die Atem- und die Sauerstofftherapie. Eine betreute, gute Therapiebegleitung erhöht die Lebensqualität der Betroffenen beträchtlich. Während die Kranken früher immer im Spital behandelt werden mussten, sind sie dank geeigneter Geräte mobiler geworden.

Die dritthäufigste Krebsdiagnose lautet «Lungenkrebs» und bedeutet für die Betroffenen eine komplette Wende in ihrem Leben. Bietet die Lungenliga hier auch psychologische Hilfe an?
Ja, unsere Pflegefachleute und das Team der Sozialberatung bieten psychosoziale Beratung an. Das ist uns sehr wichtig. 

In Ihrem Leitbild steht unter anderem, dass Sie sich «für saubere Innen- und Aussenluft engagieren». Was tun Sie konkret dafür?
Dieses Engagement ist primär eine Aufgabe unseres Dachverbandes Lungenliga Schweiz. Er produziert Informationsmaterial, beispielsweise zum richtigen Lüften der Innenräume. Für saubere Luft hat sich die Lungenliga Bern anlässlich ihres Jubiläums engagiert. Wir haben unter Anleitung von Förstern kürzlich im Kanton Bern eigenhändig mehrere hundert Eichen gepflanzt.

Was betrachten Sie zurzeit als grösste Herausforderung für die Lungenliga Bern?
(Überlegt) Die Aufrechterhaltung der hohen Qualität unserer Beratungsleistungen trotz zunehmendem Preisdruck. Die Begleitung unserer Patientinnen und Patienten darf dadurch nicht geschmälert werden. Wir dürfen sie mit ihren Hilfsmitteln nicht allein lassen. 

Was bezeichnen Sie als grössten Erfolg der Lungenliga Bern in ihrem 95-jährigen Bestehen?
Die Patientinnen und Patienten können mit Hilfsmitteln betreut werden, die wir vor 20 Jahren noch nicht hatten. Dadurch erhalten unsere Kundinnen und Kunden – wie bereits erwähnt – grössere Mobilität. Als grossen Erfolg erachte ich auch das breite Angebot der Atemunterstützung für eine grosse Zielgruppe jeden Alters. Es gibt auch kleinere, aber sehr wichtige Angebote: Ich denke an die eben erst erhältliche Schlafschiene. Diese nach Mass angepasste Schiene sorgt für eine stabile Position des Unterkiefers. So sinkt die Zunge im Schlaf nicht in den Rachen und die Atemwege bleiben offen. Schnarchen oder leichte Atemaussetzer werden dadurch weitgehend verhindert. 

Wo hat es noch Handlungsbedarf?
Kranke Kinder kommen leider häufig zu kurz! Zwar machen Kinder nur einen kleinen Teil der Atemwegskranken aus, es ist aber sehr anspruchsvoll, ihnen gerecht zu werden. Es gibt nur wenig Gerätezubehör, das für Kinder geeignet ist. Zum Beispiel gibt es bei Beatmungsgeräten kaum Masken, die ideal auf ein Kindergesicht passen. Wir kompensieren das durch zusätzlichen Aufwand. Ich weiss, Kinder sind eine Minderheit, deren Betreuung komplex ist und halt kostet. Aber wir sollten dennoch bessere Lösungen bieten können.

Auf welche Dienstleistungen fokussieren Sie sich zurzeit besonders?
Derzeit bauen wir ein neues Angebot auf, das IHHT-Zelltraining. Es richtet sich vor allem an Menschen, die erschöpft sind, also aus unterschiedlichen Gründen unter dem sogenannten Fatigue-Syndrom leiden. Angesprochen sind aber auch Sportlerinnen und Sportler, die ihre Leistung verbessern wollen. Während den rund 45-minütigen Sitzungen wird über die Atemmaske abwechselnd sauerstoffarme und sauerstoffreiche Luft verabreicht. Dabei misst ein Pulsoxymeter laufend die Sauerstoffsättigung. Ein regelmässiges Training verbessert die Sauerstoffversorgung der Zellen, steigert den Energiehaushalt und kurbelt den Stoffwechsel an. 

Was unternehmen Sie persönlich, um eine Lungenkrankheit zu vermeiden?
Ich rauche nicht, fahre E-Bike, spaziere regelmässig im Wald und schlafe wie ein Bär.

Foto: Daniel Zaugg

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