Das Erdzeitalter des Menschen – das sogenannte «Anthropozän» – scheint für manche Experten schon länger angebrochen. Eine Kommission stimmte nun dagegen.
anthropozän abgelehnt
Der Mensch verändert die Umwelt so stark wie kein anderes Tier: Beton, Plastik, ausgelöschte Arten. Diese Vorherrschaft soll der Begriff «Anthropozän» ausdrücken. - Unsplash

Die offizielle Anerkennung des Menschenzeitalters, des Anthropozäns, als neue Epoche der Erdgeschichte scheint erst einmal vom Tisch zu sein. Das zuständige Expertengremium, die sogenannte Subcommission on Quaternary Stratigraphy (SQS), hat gegen den Vorschlag gestimmt, wie der Experte Reinhold Leinfelder der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch bestätigte.

Er ist Mitglied der Arbeitsgruppe Anthropozän (AWG), die hinter dem Vorstoss steht, offiziell das Erdzeitalter des Menschen auszurufen. Gründe für die Ablehnung seien ihm nicht bekannt, sagte Leinfelder. Zunächst hatten andere Medien über die Abstimmung berichtet.

Letztes Erdzeitalter begann vor 12'000 Jahren

Geologen teilen die Erdgeschichte in verschiedene Zeitalter ein. Demnach leben wir derzeit im Holozän, das vor knapp 12'000 Jahren begann. Da die Menschheit aber zuletzt die Erde – unter anderem durch den Ausstoss von Treibhausgasen und die Zerstörung von Ökosystemen – massiv verändert hat, sehen Experten verschiedener Fachrichtungen das Zeitalter des Menschen angebrochen. Es gibt dazu aber kontroverse Diskussionen in der Fachwelt.

Der Begriff Anthropozän wird zwar bereits verwendet, um den immensen Einfluss der Menschheit auf die Erde zu betonen. Bislang ist die Epoche aber nicht nach geologischen Massstäben definiert und offiziell anerkannt.

Begriff «Anthropozän» existiert schon länger

Dazu wären mehrere Schritte notwendig. Zunächst hätte die SQS zustimmen müssen, danach die Internationale Kommission für Stratigraphie (ICS) und schliesslich das Exekutivkomitee der International Union of Geological Sciences (IUGS).

Eingeführt hatte den Begriff Anthropozän der niederländische Meteorologe Paul Crutzen. Der Nobelpreisträger und frühere Direktor des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz schlug den Begriff bei einer Konferenz im Jahr 2000 vor. Seitdem diskutieren Fachleute, ob die durch den Menschen verursachten globalen Veränderungen schon jetzt eine neue Etappe auf der geologischen Zeitskala rechtfertigen – und wie diese definiert sein könnte.

Die AWG äusserte sich in einer Mitteilung zurückhaltend zum Ergebnis der SQS-Abstimmung. So seien die Ergebnisse ohne die Genehmigung des SQS-Vorsitzenden veröffentlicht worden. Es blieben zudem Fragen in Bezug auf die Gültigkeit der Abstimmung und deren Begleitumstände.

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