Über Jahre sassen Ameisen in Polen in einem Bunker fest. Eine Studie erklärt nun, wie sie sich am Leben hielten.
Ameisenkolonie
Diese Kolonie überlebte in einem Atombunker, weil die Ameisen sich gegenseitig frassen. - Stephan Wojciech

Das Wichtigste in Kürze

  • Über Jahre waren Ameisen in einem Bunker eingeschlossen, ohne Nahrung, Licht und Wärme.
  • Sie überlebten dank Kannibalismus, wie Forschende nun herausgefunden haben.
  • Kannibalismus ist unter sozialen Insekten relativ selten.
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Über Jahre waren sie in einem dunklen, polnischen Atombunker eingesperrt, in dem es nie über 10 Grad warm wurde und wo es keine Nahrung gab: Hundertausende von Rossameisen, allesamt Arbeiter. Polnische Forscher haben nun untersucht, wie die Ameisen das schafften und haben die Ergebnisse in der Fachzeitschrift «Journal of Hymenoptera Research» publiziert.

2013 entdeckten Wissenschaftler die Ameisen in dem Bunker, wo sie eigentlich nach Fledermäusen suchten. Die Insekten waren durch einen Lüftungsschacht in den Bunker gefallen, denn die Kolonie hatte ihr Nest genau darüber gebaut. Einen Weg zurück gab es nicht. Statt im Wald lebten die Ameisen nun im dunklen, kalten Raum, der einst Atomwaffen lagerte.

Jahre später waren sie immer noch am Leben und schienen ein mehr oder weniger «normales» Arbeiterleben zu führen: Sie hielten ihr Bunker-Nest in Stand, bauten und modellierten ihre Umgebung. Nur Nachkommen gab es keine und auch eine Königin fehlte. Trotzdem wuchs die Population, denn stetig fielen neue Ameisen aus dem Lüftungsschacht.

Die Toten als Nahrungsquelle

Wie überlebten die Ameisen ohne Zugang zur Aussenwelt? Sie wurden zu Kannibalen. Viele der Ameisen starben in dem Bunker – die Forschenden schätzen die Anzahl der toten Ameisen auf zwei Millionen. Sie wurden zur Nahrungsquelle für ihre Gspänli. Dies zeigen Untersuchungen unter dem Mikroskop, bei denen die Forschenden nach Spuren von Bissen suchten – und diese zahlreich vorfanden.

Kannibalismus ist bei sozialen Insekten, zu denen die Ameisen zählen, relativ selten. In der freien Natur fressen Rossameisen normalerweise gegnerische Stämme. Jeden Frühling, wenn die Ressourcen knapp sind, kommt es zu sogenannten «Ameisenkriegen», bei denen Territorien abgesteckt und die Gegner verspeist werden. Auch die Leichen eigener Nestgefährten können als Nahrungsquelle dienen, wie Studien zeigten.

Hier haben wir es aber mit einer neuen Dimension des Kannibalismus unter Ameisen zu tun. «Der Fall zeigt, wie ausserordentlich gut sich Ameisen an ungünstige Lebensumstände anpassen können und hilft, ihren öko-evolutionären Erfolg zu verstehen», schreiben die Studienautoren.

2016 befreiten die Wissenschaftler die Ameisen, indem sie einen Weg zum Lüftungsschacht bereitstellten. Die Ameisen-Arbeiter integrierten sich sofort wieder in ihre angestammte Kolonie, die über dem Lüftungsschacht lebt.

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