Wer ist unser Mr. Europa?
Tessiner, umgänglich, mehrsprachig, mit Sinn für Humor und einem Charakterkopf, den man aus Hollywood-Filmen zu kennen glaubt: Aussenminister Ignazio Cassis befördert mit Roberto Balzaretti sicherlich einen kompetenten Mann zum Mr. Europa für die Eidgenossenschaft. Wie aber tickt er?
Ist er ein Euro-Turbo?

Das Wichtigste in Kürze
- Roberto Balzaretti ist vom Bundesrat zum Staatssekretär für Europäische Angelegenheiten ernannt worden.
- Damit ist er primär Chefunterhändler für die gesamten Verhandlungen mit der EU.
- Balzaretti gilt als ausgewiesener Kenner der Thematik, hat aber auch Kritiker.
Offensiver Diplomat
Als fünffache Familienvater weiss Balzaretti mit Herausforderungen umzugehen. Als Kampfsportler sollte er seine Kräfte kontrolliert einzusetzen wissen. Was er auch meistens tut.
Er hat aber auch den Ruf, ein undiplomatischer Diplomat zu sein: ein EU-Parlamentarier soll ihn einst als «lustigen, aber manchmal auch impulsiven Partner» bezeichnet haben, schreibt die «NZZ».
Roberto Balzaretti ist zumindest europa-freundlich: Er hat das EWR-Nein auch schon kritisiert und die Briten vor dem Brexit gewarnt. Das wird ihm zum Beispiel von SVP-Nationalrat und Auns-Präsident Lukas Reimann auch heute noch vorgehalten.
Nichts dafür kann Balzaretti dagegen für seine fast schon historische Rolle 1992: Als Jung-Diplomat erhielt er den Auftrag, das (mittlerweile zurückgezogene) EU-Beitrittsgesuch der Schweiz in Brüssel zu überreichen.
Als Schweizer Botschafter in Brüssel zwischen 2012 und 2016 stellte er sich ganz in den Dienst des Volkes: Obwohl er Nein gestimmt hatte, verteidigte er das Ja zur Masseneinwanderungs-Initiative in Brüssel mit Verve: ««Ein Volksentscheid ist nie ein Problem.»