UN-Umweltprogramm warnt vor Verfehlen des 1,5-Grad-Ziels im Kampf gegen Klimakrise

Das Wichtigste in Kürze
- Bericht: Klimaschädliche Emissionen erreichten 2018 neues Rekordhoch.
Der Ausstoss klimaschädlicher Gase müsse drastisch gesenkt werden, sonst werde das im Pariser Klimaabkommen vereinbarte Ziel verfehlt, die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen, warnte die Behörde am Dienstag. Die Folgen der Erderwärmung werden laut Bundesregierung auch in Deutschland spürbarer.
Die klimaschädlichen Emissionen müssten zwischen 2020 und 2030 jährlich um 7,6 Prozent sinken, heisst es in dem Bericht des UN-Umweltprogramms (Unep). Ansonsten werde das 1,5-Grad-Ziel verpasst. Um die Erderwärmung wenigstens auf zwei Grad zu begrenzen, wäre eine Emissionsreduktion von 2,7 Prozent jährlich nötig.
Trotz aller Warnungen und eines wachsenden Bewusstseins für den Klimawandel stiegen die Treibhausgasemissionen laut Unep im ablaufenden Jahrzehnt jährlich um 1,5 Prozent. Vergangenes Jahr sei gar ein «Rekordhoch» von 55,3 Gigatonnen CO2-Äquivalent erreicht worden. Auch die Treibhausgas-Konzentration in der Atmosphäre hatte im vergangenen Jahr neue Höchstwerte erreicht, wie die Weltorganisation für Meteorologie am Montag mitgeteilt hatte.
Bis 2030 müssten die Treibhausgas-Emissionen im Vergleich zu 2018 um 25 Prozent sinken, um auf einem «kostengünstigen Weg» die Erderwärmung auf ein beherrschbares Mass von deutlich unter zwei Grad zu begrenzen, heisst es in dem Unep-Bericht. Für das 1,5-Grad-Ziel sei eine Verringerung um 55 Prozent nötig.
Laut Unep müssen die nationalen Anstrengungen für den Klimaschutz dafür deutlich verstärkt werden. Für das Zwei-Grad-Ziel müssten sie etwa verdreifacht werden, für das 1,5-Grad-Ziel sollten sie mindestens verfünffacht werden.
«Unser gemeinsames Versagen, frühzeitig und entschlossen gegen den Klimawandel vorzugehen, bedeutet, dass wir jetzt drastische Kürzungen der Emissionen liefern müssen», mahnte Unep-Chefin Inger Andersen in Genf bei der Vorstellung des Berichts. Alle müssten «jetzt handeln», jede Stadt, jede Region, jedes Unternehmen und jeder Mensch. Noch sei das 1,5-Grad-Ziel erreichbar.
John Ferguson vom britischen Marktforschungsunternehmen Economist Intelligence Unit (EIU) zeigte sich dagegen skeptisch, dass die nötige Treibhausgas-Reduktion rechtzeitig erreicht werde. Grund sei die «Kluft zwischen Reden und Handeln» beim Klimaschutz, sagte er der Nachrichtenagentur AFP.
Die Folgen der Erderwärmung lassen sich derweil auch in Deutschland immer besser belegen. Durch die Erderwärmung komme es zu mehr Gesundheitsrisiken durch die Hitzebelastung, einem Anstieg der mittleren Oberflächentemperatur der Nordsee sowie zu stärkeren Ertragsschwankungen in der Landwirtschaft, heisst es im zweiten Klima-Monitoringbericht der Bundesregierung.
Erstmals führt der Bericht hitzebedingte Todesfälle in Deutschland auf. Demnach sind im Jahr 2003 rund 7500 Menschen mehr gestorben als ohne Hitzeperiode zu erwarten gewesen wäre. In den Jahren 2006 und 2015 gab es jeweils 6000 zusätzliche Todesfälle.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) nannte die Befunde «alarmierend». Dem Bericht zufolge erhöhte sich die mittlere Lufttemperatur in Deutschland von 1881 bis 2018 um 1,5 Grad. Allein in den letzten fünf Jahren stieg diese um 0,3 Grad an.
«Die Folgen des Klimawandels treten immer deutlicher zu Tage», sagte Ministerin Schulze. «Dem können wir nur mit vorsorgendem Klimaschutz und konsequenter Anpassung an den Klimawandel begegnen.»
Um ein entschiedeneres Handeln der Politik zu fordern, sind für Freitag in zahlreichen Städten weltweit wieder Klimaproteste angekündigt. Die UN-Klimakonferenz findet vom 2. bis zum 13. Dezember in Madrid statt. Umweltaktivisten hoffen, dass dabei einige Länder ihre jeweiligen nationalen Klimaziele nachbessern.