Russland: Einer der letzten Oppositionellen festgenommen

In Russland ist Lew Schlosberg, einer der letzten führenden Oppositionspolitiker, nach Angaben seiner Partei festgenommen worden. Ihm werde wiederholte Diskreditierung der Armee vorgeworfen, teilte die Regionalgruppe der liberalen Oppositionspartei Jabloko im nordwestrussischen Pskow mit. Schlosberg stammt als stellvertretender Parteivorsitzender aus der Region.
Hintergrund ist nach Angaben der Partei ein Video von einer Debatte im Januar, in der Schlosberg für eine baldige Waffenruhe im Ukraine-Krieg eingetreten sei. Schlosberg bestritt demnach, das Video in einem sozialen Netzwerk veröffentlicht zu haben. Er habe Einspruch gegen die Festnahme erhoben.
Der Festnahme gingen nach Angaben der Partei Durchsuchungen des Parteibüros, der Wohnung, in der Schlosberg mit seiner Frau lebt und der Wohnung seines Vaters voraus.
Schon frühere Anklagen gegen den Politiker
Schon im vergangenen Oktober war ein Strafverfahren gegen Schlosberg eingeleitet worden. Das staatliche Ermittlungskomitee Russlands warf ihm damals vor, er habe in öffentlichen Äusserungen seinen Status als «ausländischer Agent» verschwiegen.
Mit dieser Einstufung brandmarkt die russische Justiz Kritiker; sie müssen dies bei jeder Veröffentlichung oder jedem Post in sozialen Netzwerken angeben. Schlosberg war einer der letzten prominenten Kriegsgegner in Russland, der noch auf freiem Fuss war.
Die verbleibende Opposition
Kritische Medien und die Opposition hat der Kreml weitgehend ausgeschaltet. Der wichtigste Gegner von Kremlchef Wladimir Putin, Alexej Nawalny, starb im Februar vergangenen Jahres unter ungeklärten Umständen im Straflager «Polarwolf» in der Arktisregion.
Auch Nawalny, der schon 2020 mit dem chemischen Kampfstoff Nowitschok vergiftet worden war, war zeitweise Mitglied bei Jabloko. Viele Gegner Putins schweigen aus Angst um ihr Leben, andere sind im Exil.
Aktiv sind im Land allenfalls noch kraftlose Reste einer liberalen Opposition. Im russischen Parlament, der Staatsduma, ist Jabloko seit 2007 nicht mehr vertreten, aber zumindest auf lokaler Ebene ist die liberale Oppositionspartei noch vertreten. Ihr Gründer Grigori Jawlinski forderte auch mit Blick auf die Wiederannäherung der USA und Russlands einen Waffenstillstand in der Ukraine.