Ein Schüler hackt Prominente und Politiker und stellt sie im Netz bloss. Beim Prozess wird klar: Grosses technisches Wissen hatte er offenbar nicht. Am Ende kommt er mit einer Bewährungsstrafe davon.
Der Prozess gegen einen mutmasslichen Hacker aus Hessen wegen eines Online-Angriffs auf 1000 Prominente und Politiker beginnt ohne grosses Publikum. Foto: Arne Dedert/dpa
Der Prozess gegen einen mutmasslichen Hacker aus Hessen wegen eines Online-Angriffs auf 1000 Prominente und Politiker beginnt ohne grosses Publikum. Foto: Arne Dedert/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein junger Hacker, der massenhaft sensible Daten von Prominenten und Politikern gesammelt und veröffentlicht hatte, ist zu einer Jugendstrafe von neun Monaten auf Bewährung verurteilt worden.
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Das Urteil sei rechtskräftig, teilte das Amtsgericht Alsfeld am Mittwoch nach Ende der nicht-öffentlichen Verhandlung mit. Der 22-Jährige aus Homberg (Ohm) habe die Vorwürfe vor dem Jugendschöffengericht eingeräumt. Die Bewährungszeit liege bei zwei Jahren. Verurteilt wurde er unter anderem wegen Ausspähens von Daten und Datenhehlerei, aber auch wegen versuchter Erpressung.

Nachdem vor dem Prozess von 1000 Geschädigten die Rede war, spricht die Staatsanwaltschaft mittlerweile von über 1500 Opfern. Der Fall hatte Anfang 2019 bundesweit Aufsehen erregt. «Es war offensichtlich so, dass der Angeklagte keine besonderen technischen Kenntnisse hatte und angewendet hat», sagte Oberstaatsanwalt Benjamin Krause von der Frankfurter Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) am Mittwoch in einer Verhandlungspause.

Der Prozess fand ohne Presse und Zuschauer statt, weil der Angeklagte zum Tatzeitpunkt als Jugendlicher beziehungsweise Heranwachsender galt. Um ihn zu schützen, verbot das Gericht Ton- und Bildaufnahmen im Gerichtsgebäude. Die Verteidigung hatte über das Gericht ausrichten lassen, sich nicht in Medien äussern zu wollen.

Den Ermittlungen zufolge war der Angeklagte zur Tatzeit Schüler und lebte bei seinen Eltern. Begonnen haben soll er mit seinen Taten bereits im Jahr 2015: Aus Ärger über öffentliche Äusserungen seiner Opfer - darunter Bundestagsabgeordnete - habe er angefangen, private Daten wie Adressen, Telefon- und Kreditkartennummern sowie Korrespondenzen von diesen zu sammeln. Dafür verschaffte er sich laut Anklage Passwörter zu E-Mail-Konten und Online-Profilen. Zudem kaufte er gestohlene Daten im Netz.

Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter veröffentlichte er im Dezember 2018 die Daten von Politikern, Journalisten, Rappern, Youtube-Stars und anderen Prominenten schrittweise in einer Art Adventskalender. Zunächst nahm davon kaum jemand Notiz. Der grosse Knall kam erst im Januar 2019, der Fall sorgte dann für viele Schlagzeilen.

Der Hacker hatte dem Richterspruch zufolge auch versucht, von Opfern mit der Veröffentlichung Geld zu erpressen. Der 22-Jährige wurde zudem wegen Veränderung von Daten, Fälschung, falscher Verdächtigung, Verstosses gegen das Datenschutzgesetz in jeweils mehreren Fällen verurteilt.

«Für uns als ZIT ist das ein sehr wichtiges Verfahren», erklärte Krause. Es sei sehr umfangreich, die Akten umfassten mittlerweile über 70 Ordner, über 400 Ermittlungsverfahren aus dem ganzen Bundesgebiet seien zusammengezogen worden. Im Bezug auf die Veröffentlichung der ausgespähten Daten erhoffe man sich zudem eine Rechtsprechung, die auch für ähnliche Fälle Bedeutung habe.

Laut Ermittlern hatte der Angeklagte nach seiner Festnahme erklärt, durch die Veröffentlichung der Daten Menschen blossstellen zu wollen, über die er sich geärgert hatte. Eine politische Motivation sei nicht festzustellen. Davon geht die Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität weiter aus: «Aus meiner Sicht hat sich am Ergebnis des Ermittlungsverfahrens keine Änderung ergeben», sagte Krause. Hinweise auf Mittäter gebe es nicht.

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