Nur russisches Öl: Was wird aus der Raffinerie in Schwedt?

In der Diskussion um weniger Abhängigkeit von russischem Öl gerät auch die Zukunft der Raffinerie PCK Schwedt in der Uckermark immer mehr in den Blick.
Die Gewerkschaft IG BCE Berlin-Brandenburg hat sich klar hinter die Beschäftigten gestellt. «Wenn sich irgendetwas ergibt, was sich auf die Beschäftigten auswirkt, steht ihre Gewerkschaft selbstverständlich dicht an ihrer Seite», sagte Bezirksleiter Rolf Erler der Deutschen Presse-Agentur.
PCK verarbeitet ausschliesslich russisches Erdöl. Eigentümer ist mehrheitlich der russische Staatskonzern Rosneft. Die Raffinerie PCK bekommt das Öl über die Pipeline «Druschba» (Freundschaft). 1200 Mitarbeitende sind direkt im Werk beschäftigt. Darüber hinaus gibt es Hunderte Mitarbeiter, die bei Zulieferern und Dienstleistern auf dem Werks-Gelände arbeiten. Zudem werden zahlreiche Firmen der Region vom PCK mit Benzin, Diesel, Kerosin und Heizöl beliefert.
Berlin und Brandenburg werden fast komplett von PCK versorgt
PCK hat eine Schlüsselrolle für die Versorgung im Osten Deutschlands. 90 Prozent der Versorgung mit Benzin, Kerosin, Diesel und Heizöl in Berlin und Brandenburg wird von PCK sichergestellt. Das bedeutet auch - neun von zehn Autos fahren mit Kraftstoff aus Schwedt.
Die derzeitige öffentliche Berichterstattung über die Zukunft des Werks sieht die Gewerkschaft IG BCE kritisch. «Ich gehe davon aus, dass es für die Beschäftigten sehr herausfordernd ist, dass jeden Tag über ihre Zukunft spekuliert wird», so Bezirksleiter Erler.
Auch in der 30.000-Einwohner-Stadt Schwedt, die mit Errichtung des Erdölverarbeitungswerks in den 1960er Jahren entstand - ist die Verunsicherung weiter gross. Auch sie selbst habe im Moment mehr Fragen als Antworten zu dem, «was da auf uns zukommen wird», sagte Bürgermeisterin Annekathrin Hoppe (parteilos). In einem Brief an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) fordern sie und die Stadtverordneten, dass in Berlin mit Bedacht und Weitsicht gehandelt wird. «Vom Bundeswirtschaftsministerium fühlen wir uns derzeit zu wenig mitgenommen», kritisierte Hoppe.
Natürlich müsse die Energiepolitik neu ausgerichtet werden. Aber das schaffe man nicht innerhalb weniger Tage. «Das ist ein Prozess, der mehrere Jahre in Anspruch nehmen wird und der, wie der Kohleausstieg in der Lausitz, politisch begleitet und finanziell abgepuffert werden muss.» Die Stadt stehe aktuell im engen Austausch mit dem PCK, dem brandenburgischen Ministerpräsidenten und dem Wirtschaftsministerium, sagte Hoppe. Im Moment gingen alle Bemühungen dahin, keinen Arbeitsplatz zu verlieren.
Ministerium: Beschäftigte vor Embargo-Folgen schützen
Das Bundeswirtschaftsministerium will indessen negative Folgen eines Öl-Embargos für die PCG-Beschäftigten vermeiden. «Die Lichter gehen hier nicht sofort aus», sagte der Parlamentarische Wirtschaftsstaatssekretär Michael Kellner (Grüne) am Montag bei einem Besuch in Schwedt/Oder. Es gebe strategische Rohölreserven, damit Menschen, Beschäftigte und Unternehmen weiter arbeiten könnten. «Wir als Bundesministerium werden alles für die Beschäftigten und Verbraucher tun.»
Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) zeigte sich mit Blick auf die Raffinerie zurückhaltend zu der Möglichkeit einer Enteignung als letztes Mittel, was über eine Novelle des Energiesicherungsgesetzes geregelt werden könnte. «Wir müssen abwarten, wie das Gesetz formuliert wird», sagte Steinbach. «Für jedes Szenario gibt es Konsequenzen.» Steinbach hatte in der vergangenen Woche deutlich gemacht, dass ein mögliches Ende der russischen Öllieferungen die Raffinerie und Brandenburg vor besondere Herausforderungen stellen würde.
Am Freitag war im Bundestag erstmals eine Novelle des Energiesicherungsgesetzes beraten worden. Sie sieht vor, dass die Bundesregierung in einem Energie-Krisenfall in den Markt eingreifen darf und Unternehmen zur Not auch enteignen kann.