Experten aus 195 Staaten haben am Mittwoch in Genf den bislang umfassendsten Bericht zum Zusammenhang zwischen der Landnutzung durch den Menschen und dem Klimawandel fertiggestellt.
Landflächen für Klimaschutz oder Ernährung?
Landflächen für Klimaschutz oder Ernährung? - AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Baerbock fordert grundlegenden Umbau von Wirtschaft, Mobilität und Landwirtschaft.
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Wie es aus Verhandlungskreisen hiess, schlossen die Delegationen ihre Beratungen über den Bericht des Weltklimarats IPCC über die Herausforderungen durch eine wachsende Erdbevölkerung und die fortschreitende Erderwärmung ab. Grünen-Chefin Annalena Baerbock forderte anlässlich des Berichts ein grundlegendes klimapolitisches Umsteuern.

Die Gespräche seien nach einer «Marathon-Abschlusssitzung» zu Ende gegangen, teilte Stephen Cornelius von der Umweltorganisation WWF im Onlinedienst Twitter mit. Eigentlich sollten die Beratungen über die Zusammenfassung des IPCC-Berichts für die politischen Entscheidungsträger bereits bis Dienstag abgeschlossen werden. Sie zogen sich aber deutlich länger hin und gingen erst nach einer 28-stündigen Abschlusssitzung zu Ende.

Der rund 1200 Seiten starke Bericht sowie die Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger sollen am Donnerstagvormittag vorgestellt werden. Für den IPCC-Sonderbericht über Klimawandel und Landsysteme, wie sein offizieller Titel lautet, hatten 108 Wissenschaftler aus aller Welt zahlreiche Forschungsergebnisse zusammengetragen. Er zeigt auch Lösungsansätze und mögliche Ausgleichsmassnahmen auf.

«Wir sind sehr froh, dass der Bericht gebilligt wurde», erklärte Fernanda Carvalho vom WWF. Der Report sei bedeutend, da er aufzeige, dass die Landnutzung durch den Menschen «nicht nur das Klima, sondern die Fähigkeit der Erde, die Existenzgrundlage für die Menschen zu liefern, die Natur und die Artenvielfalt beeinflusst».

Grünen-Chefin Baerbock warnte in Berlin anlässlich des IPCC-Berichts vor dramatischen Auswirkungen der Klimakrise. «Sie werden die Konflikte um Land und Zugang zu Nahrung und Wasser verschärfen», sagte sie der Nachrichtenagentur AFP. Insofern werde Klimaschutz auch «immer mehr zu einer Frage der Sicherheitspolitik».

«Wir brauchen einen grundlegenden Umbau von Wirtschaft, Mobilität und Landwirtschaft, sonst haben wir keine Chance, die Klimaschäden einzudämmen», sagte Baerbock weiter. An die Bundesregierung gewandt verlangte die Grünen-Politikerin, das Klimaabkommen von Paris müsse «endlich Leitlinie der gesamten deutschen Politik werden».

Vertreter der 195 IPCC-Mitgliedstaaten waren den Bericht seit Freitag vergangener Woche Zeile für Zeile durchgegangen, um die Endfassung zu verabschieden. Ein zentraler Punkt bei den Verhandlungen war die Bewertung von Bioenergie, also aus der Verbrennung von pflanzlichem Material gewonnene Energie.

Um das im Pariser Klimaabkommen von 2015 beschlossene Ziel, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu beschränken, mithilfe von Bioenergie umzusetzen, wären riesige Landflächen nötig. Angesichts der Tatsache, dass die Zahl der Menschen bis Mitte dieses Jahrhunderts auf zehn Milliarden anwachsen dürfte, wird befürchtet, dass es einfach nicht genug Land gibt, um alle Menschen satt zu machen und zugleich den Klimawandel wirksam zu bekämpfen.

Aus Verhandlungskreisen in Genf verlautete, dass besonders waldreiche Länder wie Kanada, Brasilien, Schweden und Norwegen auf eine grössere Rolle der Bioenergie in der Klimapolitik gedrungen hätten. Länder, die bereits verstärkt unter Dürren und der Verwandlung von Gebieten in Wüsten leiden, wiesen dieses Ansinnen den Angaben zufolge zurück.

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