Merkel bekennt sich zu Klimaneutralität bis 2050

Das Wichtigste in Kürze
- Petersberger Klimadialog endet mit Appellen zu Handeln statt Reden.
Über den Weg dahin müsse noch diskutiert werden, aber nicht, «ob wir es erreichen können, sondern wie können wir es erreichen», sagte die Kanzlerin am Dienstag in Berlin. Umweltverbände, Linke und Grüne kritisierten die Äusserungen als zu vage.
Hintergrund ist die Initiative des französischen Präsidenten Emmanuel Macron und bislang acht weiterer EU-Staaten für ein klimaneutrales Europa bis 2050, die Deutschland bislang nicht unterstützt. Merkel stellte dies nun in Aussicht, falls im Klimakabinett der Regierung Klarheit über den Weg dorthin erreicht werde. Sie brachte dabei auch die Möglichkeit der Speicherung von Kohlendioxid (CCS) ins Gespräch, was aber umstritten ist.
Merkel bekräftigte das deutsche Klimaziel für 2030, die Emissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 zu verringern. Auf europäischer Ebene werde es für die Reduktionen «jährliche Scheiben» geben und «das muss auch verlässlich umgesetzt werden».
Die Kanzlerin bekannte sich auch erneut zum Ausstieg aus der Kohleverstromung «bis spätestens 2038». Bereits kommende Woche werde im Kabinett über Strukturhilfen für betroffene Regionen beraten, zum Klimaschutz werde die Regierung «vor Ende dieses Jahres die Massnahmen beschliessen, wie wir vorgehen wollen».
Merkel bekräftigte die deutsche Zusage, Beiträge zur Anpassung an Klimafolgen und zum internationalen Green Climate Fund (GCF) zu verdoppeln. Sie sagte auch zu, an dem UN-Klimagipfel am 23. September in New York teilzunehmen und lobte den Handlungsdruck, den die Schüler-Klimabewegung Fridays for Future erzeuge.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) begrüsste das Bekenntnis Merkels zur Treibhausgasneutralität als «wichtige Klarstellung». Allerdings stehe sie selbst bereits jetzt hinter der Initiative Macrons. Weiter drängte Schulze darauf, beim Ausbau von Ökostrom in Deutschland «endlich wieder die Handbremse loszulassen».
Beim Petersberger Klimadialog berieten rund 35 Minister aus aller Welt über mehr Klimaschutz und die im Dezember anstehende UN-Klimakonferenz in Chile. Die Staaten müssten «die Ebene der Verhandlungen verlassen und nun handeln und dabei das Ambitionsniveau im Kampf gegen den Klimawandel steigern», sagte die chilenische Umweltministerin Carolina Schmidt. Schulze sagte, um die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens zu erreichen, müssten «alle Vertragsparteien bis 2020 noch einmal nacharbeiten und aktualisierte Ziele vorlegen».
Die Umweltorganisation BUND begrüsste ebenfalls die Aussagen Merkels zur Treibhausgasneutralität, jedoch sei das Datum 2050 für Industrieländer zu spät. Zudem warnte der BUND vor der «gefährlichen und teuren» CCS-Technik. WWF-Klimaexperte Michael Schäfer warf der Kanzlerin vor, wieder keine konkreten Klimaschutzmassnahmen angekündigt zu haben.
Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan drängte im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP, es müssten «die dreckigsten Braunkohlemeiler zügig vom Netz gehen». Greenpeace-Aktivisten demonstrierten mit Eisblöcken vor dem Brandenburger Tor gegen Untätigkeit beim Klimaschutz.
«Merkel eiert rum», sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter zu der Rede der Kanzlerin. Es gebe beim Klima in Deutschland vor allem «ein Umsetzungsproblem». Der Linken-Politiker Lorenz Gösta Beutin sprach mit Blick auf das Klimakabinett von «Wahlkampf-Show und Hinhaltetaktik».