Im Kongresszentrum der Messe Erfurt kommt am Wochenende die Linke zum Bundesparteitag zusammen. Ob sie auch zusammenfindet, muss sich erweisen. Zu bereden ist genug.
Martin Schirdewan, Abgeordneter im Europäischen Parlament, aufgenommen am Rande des Landesparteitags der Thüringer Linken.
Martin Schirdewan, Abgeordneter im Europäischen Parlament, aufgenommen am Rande des Landesparteitags der Thüringer Linken. - Michael Reichel/dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Linken-Europapolitiker und Vorsitzkandidat Martin Schirdewan hat vor dem Bundesparteitag in Erfurt an die eigenen Reihen appelliert, sich aufs Wesentliche zu konzentrieren.
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«Wir dürfen uns am Wochenende nicht im Klein-Klein verzetteln, sondern müssen schauen, wie wir den Menschen die gerade schwierigen Umstände im Hier und Jetzt erleichtern können», sagte Schirdewan der dpa. «Denn das ist die Aufgabe einer linken Partei, nicht die Selbstbeschäftigung.»

Ähnlich äusserte sich auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke). «Die Linke muss sich gut überlegen, wie lange sie sich diese unproduktive Selbstbeschäftigung noch leisten kann», sagte er der «Rheinischen Post» und dem Bonner «General-Anzeiger».

Der Fraktionschef der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, sagte der «Neuen Osnabrücker Zeitung»: «Der Parteitag ist die Chance auf den Start eines Comebacks der Linken.» Das Signal müsse lauten: «Wir haben verstanden, wir reissen uns zusammen.»

Partei steckt in der Krise

Die Linke trifft sich bis Sonntag, um eine neue Parteispitze zu wählen und inhaltliche Streitpunkte klären, unter anderem die Position zum Ukraine-Krieg und zu Russland. Wegen Wahlniederlagen, öffentlichen Auseinandersetzungen und Sexismusvorwürfen steckt die Partei in einer tiefen Krise. Diese reisst auch finanzielle Löcher, weil bei Stimmverlusten weniger staatliche Zuschüsse an Parteien fliessen.

So standen der Linken nach offiziellen Berechnungen des Bundestags schon 2021 knapp 1,6 Millionen Euro weniger zu als im Jahr davor. Der «Absolute Endbetrag Obergrenze» der staatlichen Parteienfinanzierung lag laut Bundestag für 2020 für die Linke bei 14,17 Millionen Euro, für 2021 dann noch bei rund 12,6 Millionen Euro. 2022 hat sie weitere Einbussen. Lagen die Vorauszahlungen des Bundes an die Partei 2021 noch bei rund 3,21 Millionen Euro pro Vierteljahr, sind es jetzt 2,82 Millionen Euro.

«Die Giesskanne beiseite stellen»

Die Partei versucht, wieder Tritt zu fassen. Spitzenpolitiker fordern, sich auf Sozialpolitik und die Interessen ärmerer Leute zurückzubesinnen. Schirdewan sagte, die Bundesregierung müsse «die Giesskanne beiseite stellen» und vor allem kleine und mittlere Einkommen dauerhaft von den steigenden Preisen entlasten.

«Ich fordere dafür einen sozialen Klimabonus von mindestens 1500 Euro im Jahr und eine Deckelung der Energiepreise», sagte er. Bezahlbar wäre das nach seinen Worten unter anderem mit einer Übergewinnsteuer, mit der man «die Extra-Profite der Öl-Konzerne» abschöpfe.

Zu Beginn des Parteitags heute spricht die amtierende Parteichefin Janine Wissler, die erneut für ihr Amt kandidiert. Der Rede folgt eine Aussprache auch über die Leitanträge. Abends soll es um den «Kampf gegen patriarchale Machtstrukturen, Gewalt und Sexismus» gehen. Die Vorstandswahl ist für Samstag vorgesehen. Fehlen wird in Erfurt die frühere Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht. Sie kann nach eigenen Angaben wegen Krankheit nicht teilnehmen.

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