Kontroverse um Weltkriegsgedenken in Deutschland

Eine Handreichung des Auswärtigen Amts, keine Vertreter Russlands einzuladen, stösst bei der SPD/BSW-Koalition im Bundesland Brandenburg auf scharfe Kritik. Auch der russische Botschafter Sergej Netschajew hat sich nach Angaben des Landkreises Märkisch-Oderland angekündigt. Bei der Schlacht kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges waren unter anderem Zehntausende sowjetische Soldaten gefallen.
«Es ist ein diplomatisch – sagen wir es mal vorsichtig – nicht sehr freundlicher Akt gegenüber den Nachfahren der Menschen, die hier begraben liegen», sagte BSW-Landtagsfraktionschef Niels-Olaf Lüders. «Ihnen untersagen zu wollen, an die Gräber ihrer Vorfahren zu gehen, finde ich absolut unakzeptabel.» Die Empfehlung sei «ziemlich geschichtsvergessen und unangemessen».
Die SPD-Landtagsabgeordnete Sina Schönbrunn nannte die Handlungsempfehlung des Auswärtigen Amts «absurd». «Natürlich kann man alles instrumentalisieren, aber uns sollte es doch heute vor allen Dingen darum gehen, der Toten zu gedenken», sagte sie dem Inforadio des RBB. «Wir müssen hier nach vorne schauen.» Es sei ein mahnendes, stilles Gedenken.
Grösste Schlacht des Zweiten Weltkriegs auf deutschem Boden
Der Landkreis Märkisch-Oderland und die Stadt Seelow verteidigen das stille Gedenken, zu dem Vertreter Russlands nicht aktiv eingeladen wurden, sich aber angesagt haben. Vize-Landrat Friedemann Hanke (CDU) hatte die Handreichung als «Quatsch» bezeichnet.
In der Handlungsempfehlung des Auswärtigen Amts heisst es, dass es im Inland grundsätzlich keine Teilnahme offizieller Stellen an Veranstaltungen auf Einladung von Russland und Belarus sowie keine Einladung an russische und belarussische Vertreter zu Gedenken von Bund, Ländern und Kommunen geben solle. Dies wurde der Deutschen Presse-Agentur aus Kreisen der Landesregierung bestätigt. Dabei soll auch vom Hausrecht Gebrauch gemacht werden können.
Mit der Empfehlung will das Aussenministerium eine Instrumentalisierung des Zweiten Weltkrieges durch Russland zur Rechtfertigung des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine verhindern. Die «Berliner Zeitung» hatte zunächst über die Handreichung geschrieben.
Die Schlacht um die Seelower Höhen gilt als grösste Schlacht des Zweiten Weltkriegs auf deutschem Boden. Auf deutscher und sowjetischer Seite starben laut Gedenkstätte Museum Seelower Höhen Zehntausende Soldaten. Damit war für die Rote Armee der Weg frei die Schlacht um Berlin. Die Verteidiger der Reichshauptstadt kapitulierten am 2. Mai 1945, der Weltkrieg endete in Europa sechs Tage später.