Der Thüringer FDP-Landeschef Thomas Kemmerich lässt nach heftiger parteiinterner Kritik sein Mandat im FDP-Bundesvorstand ruhen.
Thomas Kemmerich
Thomas Kemmerich - AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • Thüringer Landeschef wegen Teilnahme an Demo gegen Corona-Massnahmen in der Kritik.
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In einer Sitzung des Gremiums zeigte sich Kemmerich am Mittwoch selbstkritisch: Seine Beteiligung an einer Demonstration gegen Corona-Massnahmen am Samstag in Gera sei ein «Fehler» gewesen. Er ziehe sich nun bis Jahresende aus dem Bundesvorstand zurück und wolle bis dahin auch entscheiden, welche Rolle in der FDP er künftig noch ausfüllen kann und will.

Die Vorstandssitzung unter Leitung von FDP-Chef Christian Lindner war am Mittwochmorgen zu einer regelrechten Abrechnung mit Kemmerich geraten. Ihm sei vorgeworfen worden, der Partei «schweren Schaden» zugefügt zu haben, hiess es aus Parteikreisen gegenüber AFP. Seine Kritiker hätten ihm vorgeworfen, Kemmerich habe Zweifel an der politischen Verortung der Liberalen aufkommen lassen und dadurch auch «persönliche Verletzungen» im Vorstand hinterlassen.

FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg sprach danach von einer «intensiven, offenen Aussprache über die Ereignisse des Wochenendes». Kemmerich habe seinen Entschluss zum einstweiligen Rückzug aus dem Bundesvorstand mitgeteilt, diese Entscheidung sei «respektiert» worden.

Auch in einer schriftlichen Erklärung räumte Kemmerich Fehler ein. Seine Beteiligung an der umstrittenen Kundgebung habe den politischen Gegnern der FDP die Möglichkeit geboten, die berechtigten Anliegen einer kritischen Prüfung der aktuellen Regierungspolitik «zu denunzieren und zu diffamieren», schrieb er. Er wolle nun die Arbeit im Bundesvorstand «nicht belasten».

Er selbst wolle sich Gedanken über seine politische Zukunft machen. «Alles andere entscheiden die Freien Demokraten in Thüringen in eigener Verantwortung, ohne dass es dazu unerbetener Ratschläge von aussen bedarf», fügte der Thüringer FDP-Chef hinzu.

Kemmerich hatte sich am Wochenende an einem sogenannten Spaziergang gegen übermässige Corona-Auflagen beteiligt, an dem Berichten zufolge auch AfD-Vertreter mit dabei waren. Als Konsequenz war bei den Liberalen auch über einen Ausschluss Kemmerichs aus der Partei diskutiert worden.

Es war nicht das erste Mal, dass Kemmerich in der FDP für Wirbel sorgte. Anfang Februar war er im Thüringer Landtag mit Stimmen auch von CDU und AfD zum Ministerpräsidenten gewählt worden, was eine Welle der Empörung auslöst hatte. Er trat kurz darauf wieder zurück.

Der ebenfalls aus Thüringen stammende parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, erhob am Mittwoch schwere Vorwürfe gegen Kemmerich. Dieser sei schliesslich «nicht naiv», sagte Schneider in Berlin. «Man weiss als Politiker in Thüringen genau, wer in Gera auf so einer Veranstaltung dabei ist.»

Auch die FDP insgesamt griff Schneider an. Teile der Partei seien «anfällig» für «nationalliberale» Tendenzen. Parteichef Lindner habe beim Verhältnis zu Verschwörungstheoretikern und Rechtspopulisten «keine klare Haltung». Die FDP müsse sich entscheiden, ob sie «auf der Seite der Aufklärung» stehe oder auf der Seite derjenigen, die die Gefahren durch das Coronavirus leugneten.

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