Nach den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz haben die deutschen Parteien mit der Aufarbeitung der Ergebnisse begonnen. In der Christdemokratie herrschte am Montag Katerstimmung. Bei anderen Parteien wuchs die Hoffnung auf neue Machtoptionen nach der Bundestagswahl im Herbst.
Gremiensitzungen nach Landtagswahlen
15.03.2021, Berlin: Armin Laschet, CDU-Bundesvorsitzender und Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, spricht bei einer Pressekonferenz im Konrad-Adenauer-Haus der CDU nach den Gremiensitzungen zu den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • CDU-Chef Armin Laschet rief seine Partei zu einer gemeinsamen Kraftanstrengung vor der Bundestagswahl im September auf.
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Es sei nicht gottgegeben, dass die CDU den Bundeskanzler stelle, sagte er nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur von Teilnehmern am Montag in einer digitalen Vorstandssitzung seiner Partei.

Der Chef der CDU-Schwesterpartei CSU, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, sprach von einem «schweren Schlag» ins Herz der Union. Die Niederlage im ehemaligen CDU-Stammland Baden-Württemberg tue ganz besonders weh.

Die CDU hatte am Sonntag in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz ihre schlechtesten Ergebnisse in der Geschichte dieser Länder eingefahren, die sie früher jahrzehntelange regiert hatte. Nun muss die Partei neue Kräfte sammeln vor der Bundestagswahl im Herbst, bei der Kanzlerin Angela Merkel nicht mehr kandidiert.

Der SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz sieht in den Ergebnissen der Landtagswahlen deutlichen Aufwind für die SPD auch im Bund. «Das Wahlergebnis, ganz besonders natürlich das in Rheinland-Pfalz, verleiht der Sozialdemokratischen Partei insgesamt Flügel», sagte der deutsche Vizekanzler und Finanzminister am Montag in Berlin. «Wir wollen den Aufwind nutzen, der damit verbunden ist.» Es sei deutlich geworden, dass man in Deutschland ohne CDU und CSU regieren könne.

Die Grünen-Führung will nach den Erfolgen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz keine Schlüsse für mögliche Koalitionen nach der Bundestagswahl im September ziehen. «Es ist ein völlig offenes Jahr», sagte Parteichef Robert Habeck am Montag in Berlin. Es sei zu früh, jetzt schon Schlüsse für die Lage vor der Bundestagswahl zu ziehen.

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil spracht sich nach den Landtagswahlen für eine «Ampel»-Koalition mit Grünen und FDP (Rot-Gelb-Grün) auf Bundesebene aus. «Die Ampel ist möglich, und dafür kämpfen wir jetzt», sagte er am Montag im Interview des Bayerischen Rundfunks.

FDP-Chef Christian Lindner will seine Partei vor der Bundestagswahl nicht auf mögliche Koalitionen festlegen. «Der Kurs der Eigenständigkeit der FDP in der Sache hat sich ausgezahlt», sagte Lindner am Montag in Berlin.

Umfragen zufolge würde es im Bund momentan weder für eine Ampel noch für ein Bündnis aus Grünen, SPD und Linken reichen. Überhaupt wäre eine Regierung ohne CDU/CSU schwer vorstellbar, solange diese in Umfragen über 30 Prozent liegt. Es wird in Deutschland aber oft spekuliert, dass die Werte deutlich sinken könnten, wenn Merkel nicht mehr zur Wahl steht und kein Amtsbonus zugunsten der Christdemokraten wirkt.

Über ihren gemeinsamen Kanzlerkandidaten wollen CDU und CSU erst im April oder Mai entscheiden. Es dürfte auf Laschet oder Söder hinauslaufen. Die CDU/CSU hat in den 72 Jahren seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland in 52 Jahre lang den Kanzler oder die Kanzlerin gestellt.

Nach dem vorläufigen Ergebnis errangen die Grünen in Baden-Württemberg mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann ein bundesweites Rekordergebnis von 32,6 Prozent (2016: 30,3). Die bisher mitregierende CDU stürzte in ihrer einstigen Hochburg auf 24,1 Prozent (27,0). Die SPD landete bei 11 Prozent (12,7), die FDP bei 10,5 (8,3) und die AfD bei 9,7 Prozent (15,1).

In Rheinland-Pfalz gewann die SPD mit ihrer populären Regierungschefin Malu Dreyer an der Spitze nach dem vorläufigen Ergebnis 35,7 Prozent der Stimmen (2016: 36,2). Die CDU mit ihrem Spitzenkandidaten Christian Baldauf rutschte dagegen auf 27,7 Prozent (31,8). Es folgten Grüne mit 9,3 Prozent (5,3), AfD mit 8,3 (12,6) und die FDP mit 5,5 Prozent (6,2). Neu in den Landtag einziehen werden die Freien Wähler mit 5,4 Prozent (2,2).

In Baden-Württemberg könnte Kretschmann die schwarz-grüne Koalition weiterführen oder auch eine Ampel-Koalition bilden. In Rheinland-Pfalz strebt Dreyer die Fortsetzung der Ampel an.

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