Hilferuf aus dem Libanon: «Land vor einer sozialen Explosion»

Das Wichtigste in Kürze
- «Der Libanon ist nur wenige Tage von einer sozialen Explosion entfernt», warnte Diab am Dienstag in einer Rede vor Diplomaten, wie die staatliche Agentur NNA meldete.
Das Land gehe durch «einen sehr dunklen Tunnel», das Leiden der Menschen habe «die Grenzen der Tragödie» erreicht. «Ich rufe die Welt auf, den Libanon zu retten», sagte Diab. «Ich rufe dazu auf, das libanesische Volk nicht für die Vergehen der Korrupten bezahlen zu lassen.»
Das kleine Land am Mittelmeer erlebt seit bald zwei Jahren eine der schwersten Wirtschafts- und Finanzkrisen seiner Geschichte. Die Landeswährung, die libanesische Lira, hat mehr als 90 Prozent ihres Wertes verloren. Mehr als 60 Prozent der Bevölkerung lebt mittlerweile in Armut. Die Inflation liegt bei mehr als 100 Prozent, für Lebensmittel sogar bei mehr als 200 Prozent. Wegen eines Versorgungsmangels bilden sich vor Tankstellen lange Schlangen. In Apotheken fehlt es an Medikamenten. Täglich müssen die Menschen über Stunden ohne Strom auskommen.
Libanons politische Elite sieht sich seit langem massiven Korruptionsvorwürfen ausgesetzt. Diab und sein Kabinett waren nach der Explosionskatastrophe im Hafen der Hauptstadt Beirut Anfang August zurückgetreten. Sie sind nur noch geschäftsführend im Amt. Die führenden politische Blöcke können sich seit Monaten nicht auf ein neues Kabinett einigen. Westliche Staaten und der Internationale Währungsfonds (IWF) wollen dem Libanon erst dann Hilfe geben, wenn die Regierung weitreichende Reformen beschliesst.
Israels Verteidigungsminister Benny Gantz zeigte sich unterdessen bereit, dem Nachbarland humanitäre Hilfe zu schicken. Sein Herz schmerze, wenn er Bilder von hungrigen Menschen in den Strassen des Libanons sehe, schrieb Gantz auf Twitter. Die beiden Länder befinden sich offiziell im Kriegszustand. An der Grenze kommt es immer wieder zu Spannungen. Vor allem die eng mit dem Iran verbündete libanesische Schiitenmiliz Hisbollah sieht in Israel einen Erzfeind.