Kabul: Teil-Waffenruhe mit Taliban wird verlängert

Das Wichtigste in Kürze
- Nein zu in historischem Abkommen vorgesehener Freilassung von Gefangenen.
«Die Verringerung der Gewalt wird fortgesetzt mit dem Ziel, einen vollständigen Waffenstillstand zu erreichen», sagte Afghanistans Präsident Aschraf Ghani am Sonntag in Kabul. Einen zentralen Punkt des Abkommens will Ghani aber vorerst nicht umsetzen: die Freilassung von Taliban-Gefangenen. Damit könnten die innerafghanischen Gespräche auf der Kippe stehen.
Der Kommandeur der Nato- und US-Truppen in Afghanistan, General Scott Miller, habe den Taliban gesagt, dass die Verringerung der Gewalt verlängert werde, sagte Ghani. Es werde daher eine Fortsetzung der vorangegangenen einwöchigen Teil-Waffenruhe «erwartet». Von den Taliban gab es zunächst keine Bestätigung.
Ghani stellte am Sonntag allerdings einen zentralen Punkt des Abkommens zwischen den USA und den Taliban in Frage. «Es gibt keine Zusage, 5000 Gefangene freizulassen», betonte der afghanische Präsident mit Blick auf inhaftierte Taliban-Kämpfer. Über solche Freilassungen zu entscheiden, komme nicht den USA zu, sondern sei «das Recht» der afghanischen Regierung.
Solche Schritte könnten daher «auf die Agenda von innerafghanischen Gesprächen aufgenommen werden, aber keine Vorbedingung für Gespräche sein», machte Ghani deutlich. Damit zeichneten sich schwierige direkte Verhandlungen zwischen der Regierung in Kabul und den Taliban ab.
Laut dem Abkommen sollen die Regierung in Kabul und die Taliban am 10. März direkte Gespräche aufnehmen, Gastgeberland soll laut Berichten Norwegen sein. Als «vertrauensbildende Massnahme» sieht das Abkommen im Vorfeld der Gespräche einen Gefangenenaustausch vor. Demnach sollen die Taliban etwa tausend Gefangene freilassen. Im Gegenzug soll die Regierung in Kabul «bis zu 5000» Taliban-Kämpfer aus der Haft entlassen. Allerdings war die afghanische Regierung an den Verhandlungen der USA mit den Taliban in Doha nicht beteiligt.
Der US-Sondergesandte für Afghanistan, Zalmay Khalilzad, und der politische Chef der Taliban, Abdul Ghani Baradar, hatten das historische Abkommen am Samstag im Beisein von Vertretern aus rund 30 Staaten in Katar unterzeichnet. Die Vereinbarung sieht vor, dass die USA über die kommenden Monate ihre Truppenstärke in Afghanistan zunächst von rund 13.000 auf 8600 reduzieren.
Im Gegenzug sollen die Taliban Garantien abgeben, dass sie das Terrornetzwerk Al-Kaida und die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) bekämpfen sowie Friedensverhandlungen mit der afghanischen Regierung in Kabul beginnen. Sollten sich die Taliban an das Abkommen von Doha halten, wollen die USA und ihre Verbündeten demnach binnen 14 Monate alle Truppen aus Afghanistan abziehen.
US-Präsident Donald Trump hatte am Samstag gesagt, mit dem Abzug der US-Truppen aus Afghanistan werde sofort begonnen. Zugleich schränkte er ein: «Sollten schlimme Dinge passieren, werden wir zurückkehren.» Trump kündigte zudem an, sich «in nicht so ferner Zukunft» mit führenden Taliban-Vertretern treffen zu wollen.
Die Taliban bezeichnen die afghanische Regierung als Marionettenregierung der USA und haben sich daher bislang geweigert, mit ihr direkt über einen Frieden zu verhandeln. Das Abkommen mit den USA zeichnet diesen Weg nun aber vor.
Die vor knapp zwei Wochen verkündete Wiederwahl Ghanis hat Washington bislang nicht offiziell anerkannt. Ghanis wichtigster Rivale, der bisherige Regierungschef Abdullah Abdullah, hatte nach der offiziellen Bekanntgabe des Wahlergebnisses eine Parallelregierung ausgerufen.