Nach Verhandlungen mit den Vermietern sieht der Handelsriese Galeria Karstadt Kaufhof doch noch eine Zukunft für sechs Warenhäuser zwischen Potsdam und Nürnberg. Das weckt auch in anderen Städten Hoffnung, die von Schliessung bedrohten Filialen noch retten zu können.
Die angeschlagene Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof will nach Zugeständnissen der Vermieter sechs Filialen weniger schliessen als ursprünglich geplant. Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa
Die angeschlagene Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof will nach Zugeständnissen der Vermieter sechs Filialen weniger schliessen als ursprünglich geplant. Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Es war ein guter Tag für 750 Mitarbeiter von Galeria Karstadt Kaufhof und ein halbes Dutzend Städte in Deutschland.
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Nach harten Verhandlungen mit den Vermietern kündigte der Kaufhaus-Konzern am Freitag an, sechs Filialen weniger schliessen zu wollen als ursprünglich geplant. Auch andere Kommunen hoffen nun, das Aus für bedrohte Warenhäusern in ihren Einkaufsstrassen in letzter Minute verhindern zu können.

Der Hintergrund: Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) will nach Zugeständnissen der Vermieter statt 62 lediglich 56 Kaufhäuser schliessen.

In einem Mitarbeiterbrief teilte der Vorsitzende der Galeria-Geschäftsführung, Miguel Müllenbach, mit, in schwierigen Verhandlungen sei es gelungen, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Karstadt-Warenhäuser in Dortmund, Goslar, Nürnberg Lorenzkirche und Potsdam sowie die Kaufhof-Filialen in Chemnitz und Leverkusen so zu verbessern, dass die Niederlassungen fortgeführt werden könnten. Müllenbach selbst hatte das Verhandlungsteam geführt. Rund 750 Mitarbeiter behalten durch die Weiterführung der Läden ihren Arbeitsplatz.

Für die übrigen 56 Warenhäuser auf der Schliessungsliste gebe es angesichts hoher Mieten und soziodemographischer Standortnachteile allerdings «heute» keine positiven Nachrichten, schrieb Manager. Hier gebe es weiterhin keine wirtschaftliche Fortführungsperspektive.

Dennoch weckte die Ankündigung des Konzerns Hoffnung auch an anderen von Schliessung bedrohten Warenhaus-Standorten. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) machte das Thema zur Chefsache und kündigte an, in Gesprächen mit der Unternehmensführung auf den Erhalt weiterer Standorte im bevölkerungsreichsten Bundesland dringen zu wollen. «Der Erhalt eines wettbewerbsfähigen Einzelhandels ist von enormere Bedeutung für viele Kommunen und vor allem zahlreiche Mitarbeiter. Jeder Kampf lohnt sich hier», meinte er.

Die Gewerkschaft Verdi sprach von einem «Etappenerfolg». «Es muss jetzt alles Notwendige getan werden, um weiteren Filialen eine Perspektive zu geben», betonte der Bundesfachgruppenleiter Einzelhandel Orhan Akman. Auch der Galeria-Gesamtbetriebsratschef Jürgen Ettl kündigt an, weiterhin um jede Filialen ringen zu wollen. Stadtoberhäupter wie der Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) und der Essener Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) kündigten weitere Initiativen an, um die Warenhäuser dort zu erhalten.

Erst vor zwei Wochen hatte der Handelsriese zum Entsetzen vieler Mitarbeiter und der betroffen Kommunen die Schliessung von insgesamt 62 Filialen in 47 Städten angekündigt. Wenig später wurde bekannt, dass der Konzern auch 20 von 30 Niederlassungen der Tochter Karstadt Sports und bis zu 24 Filialen von Karstadt Feinkost schliessen will.

Müllenbach betonte in seinem Brief an die Mitarbeiter, die Corona-Krise und die behördlichen Schliessungen hätten den Warenhauskonzern «in eine existenzbedrohende Ausnahmesituation gebracht».

Anfang April hatte der Konzern Rettung in eine Schutzschirmverfahren gesucht, inzwischen wurde ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung daraus. Der Konzern rechnet durch die Pandemie und den durch sie ausgelösten Konjunkturabschwung bis Ende 2022 mit Umsatzeinbussen von bis zu 1,4 Milliarden Euro.

In den betroffenen Kommunen lösten die Schliessungspläne des Warenhauskonzerns in vielen Fällen Sorge vor einer Verödung der Innenstädte aus. Der Vizepräsident des Deutschen Städtetages, Markus Lewe, sagte: «Die massenhaften Schliessungen von Filialen bei Karstadt Kaufhof sind für die betroffenen Städte ein tiefer Einschnitt. Mit diesen Kaufhäusern geht ein Ort der Versorgung und Begegnung verloren.»

© dpa-infocom, dpa:200703-99-658187/3

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