Der Terrorverdächtige von Halle wagte einen Fluchtversuch. Danach erhebt Sachsen-Anhalts Justizministerin schwere Vorwürfe gegen die JVA.
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Sachsen-Anhalts Justizministerin Keding erhebt schwere Vorwürfe gegen die JVA «Roter Ochse». Foto: Peter Gercke/dpa-Zentralbild/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Terrorverdächtige von Halle versuchte zu fliehen.
  • Die Justizministerin von Sachsen-Anhalt erhebt daraufhin schwere Vorwürfe gegen die JVA.
  • So wurden zum Beispiel die Sicherheitsauflagen zu stark gelockert.
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Eigentlich sollen drei Wächter den Freigang des Terrorverdächtigen von Halle bewachen. Doch es ist gar keiner da – und der 28-Jährige versucht zu fliehen. Die Justizministerin versucht zu erklären, wie das passieren konnte und wer dafür verantwortlich ist.

Sachsen-Anhalts Justizministerin Anne-Marie Keding (CDU) erhob am Dienstag in Magdeburg schwere Vorwürfe gegen die Justizvollzugsanstalt (JVA) «Roter Ochse». So habe die Anstaltsleitung die Sicherheitsauflagen stärker gelockert als angeordnet. Dabei wurde unter anderem weniger Personal zur Bewachung des 28-Jährigen eingesetzt.

Ministerium überprüfte Umsetzung der Vorgaben nicht

Das Ministerium prüfte allerdings laut Keding auch nie, ob die JVA in Halle die strengen Vorgaben für die Bewachung umsetzt. Inzwischen wurde der Terrorverdächtige ins Gefängnis nach Burg verlegt. Die Vorgaben wurden verschärft.

Am Tag des Fluchtversuchs seien mehrere Verstösse begangen worden, hiess es. So wurde der Terrorverdächtige bei seinem Hofgang zunächst nur von einem und später von keinem Wächter mehr begleitet. Da sich der 28-Jährige stets unauffällig verhalten habe, sei er in der JVA als «nicht so gefährlich» eingeschätzt worden. Dazu sei der Verstoss gegen die Bewachungsauflagen gekommen.

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Beamte der Bundespolizei führen einen mutmassliche Terrorverdächtigen ab. Foto: Fabian Sommer - dpa-infocom GmbH

Es seien zwei Disziplinarverfahren gegen die Anstaltsleitung in Vorbereitung, sagte Keding. Weitere Verfahren stünden im Raum. Derzeit werde das Geschehen weiter aufgearbeitet.

Vorige Woche war bekannt geworden, dass der Terrorverdächtige bereits am Pfingstsamstag (30. Mai) einen unbeobachteten Moment seines Hofgangs nutzte, über einen zwischen drei und vier Metern hohen Zaun kletterte. Für mehrere Minuten versuchte er, einen Gullydeckel anzuheben sowie Türen zu öffnen. Wenige Minuten, nachdem sein Fehlen bemerkt wurde, wurde der 28-Jährige wieder gefasst.

Vorwürfe an Verdächtigen

Die Bundesanwaltschaft wirft dem 28-Jährigen zweifachen Mord und 68-fachen Mordversuch «aus einer antisemitischen, rassistischen und fremdenfeindlichen Gesinnung heraus» vor. Er soll am 9. Oktober vorigen Jahres schwer bewaffnet versucht haben, in die gut besuchte Synagoge in Halle einzudringen. Als das misslang, soll er zwei Menschen in der Nähe erschossen und auf seiner Flucht mehrere Menschen verletzt haben.

Der Fluchtversuch sorgt seit Bekanntwerden für Bestürzung, aber auch für viele Fragen. Am Dienstag berichtete Keding den aktuellen Stand dem Landeskabinett, am Donnerstag beschäftigt sich der Rechtsausschuss im Landtag mit dem Fall. Die Landtagsfraktion der Linken forderte den Rücktritt der Ministerin. Sie habe «offenkundig keine Autorität in ihrem Haus», teilte die Fraktion mit.

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