Bugsiert Merkel Deutschland heute aus dem Corona-Lockdown?

Das Wichtigste in Kürze
- In Deutschland stehen heute Beratungen über Corona-Lockerungen an.
- Merkel wird versuchen, gemeinsam mit den Ländern eine einheitliche Regelung zu finden.
- Die Vorstellungen der Bundesländer gehen aber teils weit auseinander.
Seit Tagen wird heftig diskutiert, wann und wie Deutschland die im Kampf gegen das Coronavirus verhängten Einschränkungen etwas lockern kann. Heute wird sich zeigen, ob sich Merkel mit den Bundesländern auf eine gemeinsame Linie einigen kann, denn bereits sind erste Länder vorgeprescht.
Die nordrhein-westfälische Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) hatte angekündigt, die Schulen nach den Osterferien schrittweise wieder öffnen zu wollen. Das sei ihr «festes Ziel», um vor allem Prüfungen zu ermöglichen.
Eine Woche später sollen voraussichtlich auch die ersten Kita-Kinder in NRW wieder in die Kindertagesstätten zurückkehren dürfen, wie Landes-Familienminister Joachim Stamp (FDP) vorschlug. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) lehnte daraufhin im ZDF-«heute-journal» eine zeitnahe Öffnung der Schulen nach den Osterferien ab.

Bereits am Vormittag will Merkel mit den Mitgliedern des Corona-Kabinetts die Bund-Länder-Schalte vorbereiten. Im Anschluss an die Beratungen mit den Ministerpräsidenten ist vorgesehen, dass die Kanzlerin die Öffentlichkeit über die Ergebnisse informiert - voraussichtlich gemeinsam mit Söder als Vorsitzendem der Ministerpräsidentenkonferenz sowie mit dessen Stellvertreter, dem Hamburger Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD).
Deutschland seit vier Wochen im Lockdown
Ein Grossteil der Beschränkungen gilt schon seit vier Wochen. Im Mittelpunkt dürfte nun auch die Frage stehen, wann Kinder und Jugendliche wieder in die seit Wochen geschlossenen Kitas und Schulen zurückkehren können.
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet sagte, «der Vorschlag verschiedener Wissenschaftler, alle Klassen 1 bis 10 wieder umgehend in den Schulen zu unterrichten, ist aus Sicht der NRW-Landesregierung nicht verantwortbar». Priorität hätten jene Schüler, die sich auf Abschlüsse wie etwa das Abitur vorbereiten würden.

Die nächsten Schritte müssten dann im Lichte der dabei gemachten Erfahrungen weiter gemeinsam entschieden werden. Wichtig sei ein «klarer gemeinsamer Fahrplan auf dem Weg zu einer verantwortungsvollen Normalität».
Der Ministerpräsident betonte: «Nordrhein-Westfalen hat Ideen und Konzepte für die Bund-Länder-Beratungen geliefert und wird nun umsetzen, was die Länder gemeinsam mit der Bundeskanzlerin entscheiden.» Besonders im Einzelhandel seien Abstandsregelungen und Schutzmassnahmen wichtig. «Wir müssen das Virus weiter eindämmen, zielgerichteter als bisher», forderte er.
Hygienekonzepte im Handel
Thüringens Regierungschef Bodo Ramelow (Linke) sprach sich unter anderem dafür aus, bei der Wiederöffnung der Schulen zunächst die Jahrgänge zu berücksichtigen, die in diesem Jahr vor dem Realschulabschluss oder dem Abitur stehen. Er hatte auch die Erwartung geäussert, dass der Einzelhandel unter Vorgaben schrittweise wieder öffnen könnte.

Söder sagte, zwar könne es in den kommenden zwei, drei Wochen manche Erleichterungen geben, etwa im Handel, aber immer verbunden mit klaren Auflagen wie Hygiene-Konzepten, Abstandsgeboten, Obergrenzen für Personenzahlen pro Quadratmeter und Schutzmasken. Er forderte mit Blick auf den Einzelhandel «mindestens ein Maskengebot, ein Mundschutzgebot».
Das gleiche gelte auch für den öffentlichen Nahverkehr. Auf die «Tagesthemen»-Frage, ob er für ein Gebot oder für eine Pflicht zum Tragen von Masken sei, sagte der CSU-Chef: «Darüber werden wir diskutieren. Ich bin schon sehr dafür, dass wir das strenger handhaben sollten.» Eins sei doch klar: «Wenn wir erleichtern, muss es gleichzeitig mehr Schutz geben.»
RKI für Schulöffnung der höheren Jahrgänge
Die Leopoldina hatte für einen «realistischen» Zeitplan zurück zur Normalität plädiert. Die Wissenschaftler empfahlen, Schulen «sobald wie möglich» wieder zu öffnen - angefangen bei Grundschulen sowie Unter- und Mittelstufen. Die Leopoldina nannte aber auch viele Voraussetzungen für eine Rückkehr zu mehr Normalität. Zudem liegt eine Ausarbeitung eines Laschet berufenen Expertenrats vor.
Das Robert Koch-Institut schlug hingegen vor, Schulen zuerst wieder für die höheren Jahrgänge zu öffnen. Es gehe dabei um die Annahme, dass Jugendliche Abstandsregeln besser einhalten könnten, sagte RKI-Präsident Lothar Wieler.
Aussenminister Heiko Maas mahnte, man brauche eine Exitstrategie, die alle Risiken sorgfältig abwägt. «Der Blick über unsere Grenzen, wo es in einigen Ländern leider tagtäglich neue bittere Todeszahlen gibt, zeigt: Jeder Tag, den Kontaktsperren zu früh aufgehoben werden, kann für die Gesundheit vieler Menschen dramatische Folgen haben», sagte der SPD-Politiker der «Rheinischen Post» (Mittwoch).