Opposition protestiert: Venezuela kündigt Parlamentswahl an

Das Wichtigste in Kürze
- Der Wahlrat in Venezuela hat für den 6. Dezember eine Parlamentswahl angesetzt.
- Die Opposition läuft in Gefahr, dabei ihre letzte Bastion – das Parlament – zu verlieren.
- Oppositions-Chef Juan Guaidó sprach sich gegen eine Beteiligung aus.
Der Nationale Wahlrat in Venezuela hat ungeachtet der Corona-Krise für den 6. Dezember eine Parlamentswahl angesetzt. Damit bringt sie den Oppositionsführer und selbsternannten Übergangspräsidenten Juan Guaidó in ein Dilemma.
Die Entscheidung für den Termin sei einstimmig gefallen, sagte die Vorsitzende, Indira Alfonzo. Der Wahlrat war erst im Juni vom Obersten Gericht ernannt und Alfonzo zu dessen Präsidentin bestimmt worden. Seine Mitglieder sind dem autoritär regierenden Präsidenten Nicolás Maduro treu.

Die Opposition in dem südamerikanischen Krisenstaat läuft Gefahr, bei der Wahl ihre letzte Bastion zu verlieren. Das Parlament ist die einzige staatliche Institution in Venezuela, die von der Opposition kontrolliert wird. Maduro hat dem Parlament mittlerweile allerdings alle Kompetenzen entzogen und sie auf eine regierungstreue Verfassungsgebende Versammlung übertragen.
Guaidó ist gegen Beteiligung an der Wahl
Boykottiert Oppositionsführer Guaidó die Wahl, riskiert er, seine Legitimation einzubüssen. Er sprach sich dennoch bereits gegen eine Beteiligung aus. «Wir Venezolaner erkennen keine Farce an, wie wir es im Mai 2018 nicht gemacht haben», schrieb er auf Twitter. «Wir haben uns für ein Leben mit Würde und in Demokratie entschieden.»
Bei der Präsidentschaftswahl 2018 hatten Oppositionsführer aus Protest gegen die Missachtung der Demokratie durch Staatschef Maduro zum Boykott aufgerufen. Gegen Proteste ging dieser mit Gewalt vor. Wichtige Oppositionspolitiker sassen im Gefängnis, standen unter Hausarrest oder hatten das Land schon verlassen. Es wird davon ausgegangen, dass die grössten Oppositionsparteien auch diesmal nicht teilnehmen.
Das einst reiche Venezuela steckt in einer tiefen politischen und wirtschaftlichen Krise, die Corona-Pandemie verstärkte dies. Nach offiziellen Angaben haben sich mehr als 6000 Menschen mit dem Coronavirus infiziert, 54 Patienten sind gestorben. Das Gesundheitssystem liegt am Boden; es fehlt an Lebensmitteln, Trinkwasser, Medikamenten und Treibstoff. Zahlreiche Ärzte haben wie Millionen Venezolaner ihre Heimat verlassen.
Guaidó konnte Maduro nicht aus dem Amt drängen
Das südamerikanische Land verfügt zwar über die grössten bekannten Erdölreserven der Welt. Aber zugleich gilt es als einer der korruptesten Staaten weltweit. Viele Militärs und Politiker sollen in kriminelle Geschäfte wie illegalen Bergbau und Drogenhandel verwickelt sein.
Vor eineinhalb Jahren erklärte sich Parlamentspräsident Guaidó zum Übergangsstaatschef. Er forderte damit Maduro offen heraus und versucht seitdem, ihn aus dem Amt zu drängen. Zahlreiche Staaten – darunter Deutschland und die Vereinigten Staaten – erkennen ihn als legitimen Interimspräsidenten an.

Trotz der internationalen Unterstützung konnte Guaidó sich bislang nicht durchsetzen. Maduro sitzt fest im Sattel. Auch weil er das Militär auf seiner Seite, die Polizei im Griff und Verbündete wie Russland und China hat.
Guaidó bekam zudem einen neuen Rivalen. Das Parlament spaltete sich im Januar in Anhänger und Gegner der Maduro-Regierung auf. Parlamentarier der regierungstreuen Sozialistischen Einheitspartei und Abtrünnige des Oppositionsbündnisses wählten Luis Parra zum Vorsitzenden. Rund 100 Abgeordnete der Opposition bestätigten parallel dazu Guaidó.