Demonstranten in Hongkong trotzen neuem Sicherheitsgesetz

Das Wichtigste in Kürze
- Polizei setzt Wasserwerfer ein und meldet mehr als 300 Festnahmen .
Die Polizei ging am Mittwoch - dem 23. Jahrestag der Übergabe Hongkongs an China - mit Wasserwerfern gegen die Demonstranten vor und meldete die ersten Festnahmen unter dem neuen Sicherheitsgesetz. Die heftige internationale Kritik an seinem Umgang mit Hongkong wies China scharf zurück.
Tausende Menschen widersetzten sich einem Versammlungsverbot und blockierten unter anderem Strassen in der Finanzmetropole. Um die Proteste aufzulösen, feuerte die Polizei mehrfach auch mit Tränengas aus Wasserwerfern auf die Demonstranten. Dabei wurden Demonstranten sowie Journalisten getroffen, darunter auch Reporter der Nachrichtenagentur AFP.
Unterdessen wurden auch die ersten Demonstranten wegen Verstössen gegen das neue Sicherheitsgesetz in Gewahrsam genommen. Ein Mann sei als erster wegen des Besitzes einer Unabhängigkeitsflagge festgenommen worden, schrieb die Polizei auf Twitter. Später wurden acht weitere Menschen wegen ähnlicher Vergehen festgenommen. «Das Eintreten für die Unabhängigkeit Hongkongs ist gegen das Gesetz», sagte Hongkongs Sicherheitsminister John Lee vor Reportern.
Am Dienstag hatte Peking das Sicherheitsgesetz für die Sonderverwaltungszone verabschiedet. Hongkongs pekingtreue Regierung setzte es noch am selben Tag in Kraft. Das Gesetz greift massiv in die Autonomierechte der Finanzmetropole ein. Bestraft werden unter anderem der Besitz von Flaggen, Aufklebern und Flugblättern, auf denen die Unabhängigkeit Hongkongs befürwortet wird.
Kritiker befürchten, dass es vor allem auf die pro-demokratischen Kräfte in Hongkong abzielt. Im vergangenen Jahr gab es in Hongkong monatelange und mitunter gewalttätige Proteste der Demokratiebewegung, die sich gegen den wachsenden Einfluss Pekings in der Sonderverwaltungszone zur Wehr setzt.
Das Gesetz erlaubt den chinesischen Behörden ein hartes Vorgehen gegen alle Aktivitäten, die nach ihrer Auffassung die nationale Sicherheit bedrohen. Wer das Gesetz bricht, muss mit mindestens zehn Jahren Haft rechnen, könnte aber auch lebenslang im Gefängnis landen. Der chinesischen Führung wird vorgeworfen, mit dem Gesetz den Grundsatz «Ein Land, zwei Systeme» aufzuheben und die garantierten demokratischen Bürgerrechte in Hongkong zu unterdrücken. «Das autoritäre Regime will die Menschen terrorisieren», sagte der Demonstrant Chris To.
Der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell erklärte, es sei wesentlich", dass die freiheitlichen Rechte Hongkongs "vollständig geschützt werden". Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äusserte sich besorgt über das neue Gesetz.
Bundesaussenminister Heiko Maas (SPD) forderte eine geschlossene Reaktion der EU gegenüber China. Die Regierung in Peking müsse ihre Zusagen einhalten und die Rechte und Freiheiten der Menschen in Hongkong wahren, schrieb Maas auf Twitter. «Das werden wir als EU einfordern.»
Der britische Regierungschef Boris Johnson verurteilte das neue Sicherheitsgesetz als «ernsthaften Verstoss» gegen den britisch-chinesischen Vertrag zur Übergabe der ehemaligen Kronkolonie an die Volksrepublik im Jahr 1997. Er kündigte an, Millionen Hongkongern eine erleichterte Einwanderung nach Grossbritannien zu ermöglichen. Menschen mit Anspruch auf den «British National Overseas»-Status sollen eine mehrjährige Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis erhalten und später einen britischen Pass beantragen können.
China verbat sich die Kritik aus dem Ausland. «Das geht Sie nichts an», sagte Zhang Xiaoming vom Büro des Staatsrats für Angelegenheiten in Hongkong und Macao. Das Gesetz richte sich gegen «eine Handvoll Krimineller» und habe «nicht das gesamte Oppositionslager» zum Ziel, betonte Zhang.
Als Vergeltungsmassnahme gegen von den USA verhängte Sanktionen ordnete Peking am Mittwoch an, dass vier US-Medien Einzelheiten über ihre Mitarbeiter und Finanzen in China offen legen müssen. Dafür hätten sie sieben Tage Zeit, sagte der Aussenamtssprecher Zhao Lijian. US-Aussenminister Mike Pompeo hatte zuvor China mit weiteren Sanktionen wegen der Hongkong-Frage gedroht.
Das Gesetz ist der bislang stärkste Einschnitt in Hongkongs halbautonomen Status. Der früheren britischen Kronkolonie waren bei ihrer Übergabe an China im Jahr 1997 für 50 Jahre Sonderrechte gewährt worden, darunter Meinungs- und Versammlungsfreiheit.