Im Zollkonflikt mit den USA setzt die EU auf Deeskalation und Gesprächsbereitschaft und bekräftigt ihre grundsätzliche Bereitschaft zu einem Abkommen.
Fahnen der EU und der USA
Die Europäische Union strebt im Zollstreit mit den USA eine Vermeidung weiterer Spannungen an und setzt auf fortgesetzte Gespräche. (Archivbild) - afp

Im Zollkonflikt mit den USA will die Europäische Union eine weitere Eskalation vermeiden und die Gespräche aufrechterhalten. Von EU-Seite habe man immer gesagt, dass man bereit sei, ein Abkommen zu schliessen, sagte eine Sprecherin der EU-Kommission. Noch für diesen Montagnachmittag sei ein weiteres Telefonat zwischen EU-Handelskommissar Maros Sefcovic und US-Handelsminister Howard Lutnick vereinbart.

Zuvor hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf der Plattform X nach einem Telefonat mit US-Präsident Donald Trump geschrieben: «Europa ist bereit, Gespräche schnell und entschlossen voranzubringen.» Zu Details des von von der Leyen initiierten Gesprächs am Montagnachmittag wollte sich die Sprecherin mit Verweis auf mögliche Risiken für die Verhandlungen nicht äussern.

Die Sprecherin bestätigte allerdings, dass weiter das EU-Angebot auf dem Tisch liege, gegenseitig alle Zölle auf Industriegüter aufzuheben. «Wir halten das nach wie vor für einen sehr attraktiven Ausgangspunkt für gute Verhandlungen, die beiden Seiten des Atlantiks Vorteile bringen können», sagte sie.

Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) begrüsste den Zollaufschub, dringt allerdings auf Tempo. «Es bleiben noch sechs Wochen, eine Lösung zu finden», sagte sie. «Die Zeit muss jetzt intensiv genutzt werden. Unternehmen und Verbraucher auf beiden Seiten des Atlantiks sind auf gute Handelsbeziehungen angewiesen. Daran müssen wir festhalten.»

Deutschland sichert EU volle Unterstützung im Zollstreit mit den USA zu

Ministeriumskreisen zufolge hatte sich Reiche am Wochenende nach der Äusserung von Präsident Trump zu den Zöllen gegenüber der EU telefonisch mit EU-Handelskommissar Sefcovic ausgetauscht. Sie habe dabei der EU-Kommission die volle Unterstützung Deutschlands in ihrem Kurs zugesagt, weiter alles für eine Verhandlungslösung zu tun.

Am Freitag hatte Trump der EU überraschend mit Strafzöllen in Höhe von 50 Prozent ab 1. Juni gedroht, nur um sie dann in der Nacht zum Montag um gut einen Monat aufzuschieben. Nun wollen beide Seiten bis zum 9. Juli eine Lösung finden.

Das Datum markiert den Ablauf eines im April von Trump festgesetzten Aufschubs für andere von ihm angekündigte Zölle. Damals hatte er neue Strafabgaben auf Importe aus aller Welt nach grossen Turbulenzen an den Aktien- und Finanzmärkten für 90 Tage ausgesetzt. Derzeit gelten bereits zusätzliche Importgebühren, etwa 25 Prozent auf Stahl und Aluminium oder Autos aus der EU, sowie 10 Prozent auf alle Produkte.

Die US-Handelsexpertin Laura von Daniels von der Stiftung Wissenschaft und Politik sagte der dpa: «Offensichtlich reichen Präsident Trump die Avancen der europäischen Seite nicht aus, er will noch mehr aus einem solchen Deal herausholen.» Wichtig sei es nun, dass die EU-Mitgliedsstaaten gemeinsam vorgehen: «Letztlich gewinnen alle, wenn sie an einem Strang ziehen und nicht ausscheren», sagte sie.

Trump sieht von der Leyen als Stimme Europas

Trump habe zuletzt gezeigt, dass er EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen als Stimme Europas sehe. «Es ist wichtig für die EU, wenn sie weiterhin ein starkes Verhandlungsgewicht haben will, dass sie mit einer Stimme spricht.»

Von Daniels verwies darauf, dass die EU und die USA nicht zwingend ein umfassendes Handelsabkommen abschliessen müssen. «Es reicht vielleicht bereits eine vorläufige Vereinbarung darüber, dass man die Zölle gegenseitig nicht weiter steigern und stattdessen Handel miteinander betreiben möchte.» Eine solche Lösung würde von Daniels als gesichtswahrenden Erfolg für die EU werten.

Rolf Langhammer vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel (IfW) bezweifelt, dass bei den Verhandlungen ein grosser Wurf gelingen wird: «Ein alle Industriegüter umfassendes Abkommen mit Null-Zöllen auf beiden Seiten wird es nicht geben, da es aus Sicht der USA das bilaterale Handelsdefizit vergrössert», sagte er der dpa auf Anfrage. Ein Abkommen zwischen der EU und den USA sei wahrscheinlicher, je eher es sich auf wenige Produkte erstreckt, die für die USA wichtig sind – das seien in erster Linie Agrarprodukte.

Die erratische US-Wirtschaftspolitik unter Trump verunsichert derweil die deutschen Unternehmen im Maschinen- und Anlagenbau. Laut einer Umfrage des Branchenverbandes VDMA sehen drei von vier Unternehmen einen starken Einfluss der gestiegenen weltweiten Unsicherheit auf den eigenen Betrieb. «Die Unsicherheit betrifft nicht nur den Handel mit den USA, sondern strahlt auch auf andere wichtige Absatzmärkte aus, etwa in Asien und Europa», sagte VDMA-Chefvolkswirt Johannes Gernandt.

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