Mit Strafzöllen will Donald Trump unter anderem Firmen dazu bringen, ihre Produktionsstandorte in die USA zu verlegen. Experten schätzen ein, ob das klappt.
Donald Trump
Donald Trump ist überzeugt, mit seiner Strafzölle-Strategie Jobs in den USA schaffen zu können. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Seit heute sind die von Trump letzte Woche angekündigten Strafzölle in Kraft.
  • Der US-Präsident glaubt, dass so in seinem Land überall neue Jobs entstehen.
  • Gemäss dem Experten Manfred Elsig werden Jobs entstehen: «Doch zu welchem Preis?»
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Heute sind die von Donald Trump angekündigten Strafzölle für «Länder auf der ganzen Welt» in Kraft getreten. Damit werden auch Schweizer Exporte in die USA neu mit einem Zollsatz von 31 Prozent belastet.

Bei der Ankündigung letzte Woche sagte Donald Trump, dass das «goldene Zeitalter» der USA zurückkomme. So will der US-Präsident erreichen, dass Produktionsstätten in die USA verlagert werden und landesweit neue Jobs entstehen.

Doch kann dieser Plan von Donald Trump wirklich aufgehen? Nau.ch hat nachgefragt.

Plan von Donald Trump «zu willkürlich, um zu funktionieren»

Er winkt schon mal ab: «Der Plan ist zu willkürlich, um zu funktionieren.» Das erklärt Manfred Elsig, stellvertretender Direktor des World Trade Institutes der Uni Bern (WTI). Mit den hohen Zöllen scheine die USA zu viele Ziele gleichzeitig zu verfolgen. Ausserdem gebe es keinen Fokus auf bestimmte Industriebranchen.

Manfred Elsig
Manfred Elsig ist Professor für internationale Beziehungen an der Universität Bern. - Die Volkswirtschaft

Ob Produktionsstätten in die USA verlagert werden, hänge von mehreren Faktoren ab. «Erstens, wie wichtig der US-Markt ist. Zweitens, ob Unternehmen davon ausgehen, dass die Zölle über längere Zeit Bestand haben werden. Drittens, wie einfach es ist, in den USA zu produzieren.»

Letzteres hänge wiederum selbst von mehreren Faktoren ab. So etwa vom Umfang der Investitionen, der Zeit von der Planung bis zur tatsächlichen Produktion oder von möglichen Steueranreizen. Auch die Position in der Lieferkette spiele eine Rolle.

«Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wir im Moment vielleicht eine Reihe von Ankündigungen sehen. Aber es ist schwer zu quantifizieren», so Elsig.

Bereiten dir die Auswirkungen von Trumps Strafzöllen Sorgen?

Und es gebe viele Hindernisse für die Verlagerung der Produktion. Elsig sagt, er glaube nicht, dass zum Beispiel die Produktion von Schuhen oder Jeans in den USA heutzutage sinnvoll sei.

Auch er glaubt nicht an grosse Erfolgschancen: Gemäss dem WTI-Geschäftsführer und Ökonomen Joseph Francois wird Trumps Plan «für die gewünschten Industrien» wahrscheinlich nicht funktionieren. «Da die Trump-Administration auf Konfrontation setzt, wird die neue US-Produktion wahrscheinlich nur die USA selbst als Kundenbasis haben.»

Unternehmen müssten sich überlegen, ob es ausreicht, «nur für einen isolierten US-Markt in neuen Anlagen zu produzieren», hält er fest.

Einzelne Unternehmen könnten in die USA verlagern

Ökonom Mathias Binswanger glaubt, dass der Plan von Donald Trump teilweise aufgehen wird. «Einzelne Unternehmen könnten durchaus eine Verlagerung in die USA ins Auge fassen», erklärt er auf Anfrage von Nau.ch. «Aber das klappt längst nicht in allen Branchen.»

Zum Beispiel könne man nicht einfach so eine Produktion von Pharmazeutika in kurzer Zeit auf die Beine stellen. Dazu brauche es entsprechendes Know-how und Arbeitskräfte mit spezifischen Fähigkeiten.

Donald Trump Strafzölle
Heute sind die Strafzölle der USA für «Länder auf der ganzen Welt» in Kraft getreten.
Donald Trump Zölle
«Einzelne Unternehmen könnten durchaus eine Verlagerung in die USA ins Auge fassen», erklärt Ökonom Mathias Binswanger. (Symbolbild)
Donald Trump Strafzölle
«Aber das klappt längst nicht in allen Branchen», ergänzt er.
Donald Trump Strafzölle
«Wenn man Donald Trump hört, hat man das Gefühl, die USA könnten eigentlich alle Güter in kurzer Zeit selbst produzieren. Das ist aber ein Irrtum.»
Donald Trump Strafzölle
Von Trumps Strafzollpolitik profitieren gemäss Binswanger bestimmte Industrien wie die Stahl- oder die Automobilindustrie und die dort beschäftigten Arbeiter. (Symbolbild)

«Wenn man Donald Trump hört, hat man das Gefühl, die USA könnten eigentlich alle Güter in kurzer Zeit selbst produzieren. Das ist aber ein Irrtum», hält der Ökonom fest.

Auch Elsig sagt, es würden tatsächlich Jobs entstehen: «Doch zu welchem Preis?» So seien durch die Aluminium- und Stahlzölle in den betreffenden Sektoren einige Arbeitsplätze geschaffen worden. In nachgelagerten Sektoren seien aber Jobs verloren gegangen.

«Die grosse Frage ist, welche Vergeltungsmassnahmen die Handelspartner ergreifen werden. Und wie sich dies auf die US-Ausfuhren auswirken wird.»

So hat etwa die EU am Mittwochnachmittag Gegenzölle angekündigt.

«Zoll-Tsunami» von Donald Trump

Von Trumps Strafzollpolitik profitieren gemäss Binswanger bestimmte Industrien wie die Stahlindustrie oder die Automobilindustrie und die dort beschäftigten Arbeiter. «So haben die während Trumps erster Amtszeit erhobenen Zölle auf Stahl dafür gesorgt, dass die Stahlimporte zurückgingen. Und die Stahlproduktion in den USA wieder hochgefahren wurde.»

Trotzdem seien die Preise für die Konsumenten nicht angestiegen. «Massgeschneiderte Zölle können durchaus positive Wirkungen haben. Im Moment haben wir es aber mit einem Zoll-Tsunami zu tun», stellt der Ökonom klar.

Mathias Binswanger
Mathias Binswanger ist Dozent für Volkswirtschaftslehre an der Fachhochschule Nordwestschweiz. - fhnw.ch

Zudem würden die Zölle zumindest kurzfristig auch den Erhalt der Arbeitsplätze und auch Arbeitsplatzsicherheit bringen. Dies «in Gegenden, wo Arbeitsplätze verloren gehen, weil die Industrien durch ausländische Konkurrenz bedroht sind».

Die Vorteile des Freihandels würden sich hingegen oft erst langfristig bemerkbar machen: «Es hilft den von Arbeitsplatzverlust betroffenen Menschen wenig, wenn man sie damit tröstet, dass es ihre Kinder dafür einmal besser haben werden. Je nach Gegend und Branche gibt es Verlierer und Gewinner.»

«US-Konsument zahlt Grossteil der Zölle»

Manfred Elsig ist überzeugt: «Der Konsument in den USA wird einen Grossteil der Zölle zahlen. Ebenso wie die Industrie, die in ihrer Produktion auf ausländische Anteile angewiesen ist.»

Inländische Produzenten würden auch prüfen, ob sie ihre Preise aufgrund des geringeren internationalen Wettbewerbs erhöhen könnten.

Wem schaden die gegenseitigen Strafzölle mehr – USA oder China?

«Diejenigen, die vor dem internationalen Wettbewerb geschützt sind, werden sofort mehr Gewinn machen. Die Vorteile des Schutzes sind beträchtlich», so Elsig.

Sein Kollege Francois sieht sogar «gar keine Vorteile» für den durchschnittlichen US-Bürger. Zu den Gewinnern der Zollpolitik von Donald Trump gehörten Lieferanten von Rohstoffen. Sowie «jeder, der mit der Trump-Regierung in Verbindung steht und eine Ausnahmeregelung erhalten kann».

Preiserhöhungen wegen China-Zöllen «werden USA empfindlich treffen»

Zu den eskalierenden Strafzöllen, die sich die USA und China gegenseitig auferlegen, sagt der Experte: «Beide Länder haben langsam damit begonnen, ihre Risiken zu reduzieren, sodass sie weniger voneinander abhängig sind.» US-Firmen würden versuchen, in China zu bleiben und für den chinesischen Markt zu produzieren.

Binswanger hält fest, dass China wesentlich mehr in die USA exportiere als umgekehrt. «Also ist China zunächst mal stärker betroffen als die USA.»

Allerdings würde China auch wichtige Zwischenprodukte exportieren, die für die Produktion von Gütern in den USA notwendig seien. «Die von den USA jetzt erhobenen Monster-Strafzölle für chinesische Waren führen so schnell zu einer Verteuerung vieler Güter in den USA.»

US-Zölle - China
Arbeiter überprüfen in einem Containerterminal des Hafens von Tianjin in China ein Ausrüstungsteil. - dpa

Dies, weil man kurzfristig die Produktion nicht umstellen könne. «Diese Preiserhöhungen werden die USA empfindlich treffen», ist sich Binswanger sicher.

Gemäss Francois wird niemand davon profitieren. Die anderen Länder müssten zusammenarbeiten. Eine Rückkehr zu Wirtschaftskonflikten wie im 19. Jahrhundert würde wahrscheinlich auch zu politisch-militärischen Konflikten führen.

Das würden die anderen Akteure wissen. «Es geht darum, ein Zeichen zu setzen, dass der Rest der Welt bei Erpressungsspielen nicht mitspielen wird.»

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