«Donald Trump ist für Wladimir Putin ein nützlicher Idiot»

Das Wichtigste in Kürze
- Donald Trump bezeichnet Wladimir Putin auf seiner Plattform als «absolut verrückt».
- Haben die Worte des US-Präsidenten Folgen für die angeblich gute Beziehung?
- Für zwei Experten ist klar: Trump ist naiv – und Putin weiss das auszunutzen.
Letzte Woche telefoniert Donald Trump zwei Stunden mit Kremlchef Wladimir Putin. Es sei ein «exzellentes» Gespräch gewesen, sagt der US-Präsident im Nachhinein. Die Worte aus dem Weissen Haus klingen freundschaftlich.
Keine sieben Tage später – nach neuen, schweren russischen Angriffen auf die Ukraine – tönt es ganz anders: Trump schiesst auf seiner Plattform Truth Social verbal gegen Putin.

Er habe «immer eine sehr gute Beziehung» zum Kremlchef gehabt, meint der US-Präsident. «Aber etwas ist mit ihm passiert. Er wurde absolut verrückt!» Putin töte unnötig viele Menschen.
Neben dem Russen geht Trump auch auf den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj los. Er sei wie Putin und Joe Biden für den Ukraine-Krieg verantwortlich.
Wieso spricht Donald Trump nach dem «exzellenten» Telefonat öffentlich plötzlich schlecht über Wladimir Putin? Nau.ch hat eine Woche nach dem scheinbar guten Gespräch erneut bei zwei Experten nachgefragt.
«Das gehört zur Taktik von Donald Trump»
«Trumps Unmutbekundungen und Wutausbrüche gehören zu seinem Markenzeichen und sind an der ‹Tagesordnung›», sagt USA-Experte Nicolas Hayoz. Trump wisse um die mediale Wirkung seiner Aussagen.
«Man sieht es auch jetzt: Alle Medien sprechen von Trumps Bemerkung zum ‹verrückt gewordenen› Putin. Das gehört schon zu seiner Taktik», fährt der emeritierte Professor am Departement für Europastudien und Slavistik der Uni Fribourg fort.
Kann Donald Trump Wladimir Putin stoppen?
Der US-Präsident zeige seinem Land mit der neusten Nachricht, dass er Putins Handlungen nicht billigt. «Andererseits betrachtet er einmal mehr Putins Handlungen als einen ‹Fehltritt›, der wieder korrigiert werden kann.»
Donald Trump verkenne dadurch die Kriegslogik seines russischen Amtskollegen. Dieser zeige mit den grossen Angriffen, dass er den Krieg lange fortsetzen – und gewinnen – kann.
Sanktionen gegen Russlands Kriegskasse
Von Konsequenzen für Russland ist in Trumps Post nichts zu lesen. Am Sonntag zeigt er sich aber für weitere Sanktionen gegen das Land bereit.
Ulrich Schmid von der Uni St. Gallen erklärt, wie eine solche Massnahme aussehen könnte: «Er könnte Sekundärsanktionen gegen Staaten aussprechen, die billige russische Rohstoffe kaufen. Das überlässt er aber Senator Lindsey Graham.»
Der Krieg werde so lange andauern, wie Putin im Kreml sei, sagt der Professor für Osteuropastudien. «Aber mit griffigen Sekundärsanktionen könnte Trump versuchen, Putins Kriegskasse, die sich aus Rohstoffverkäufen speist, auszutrocknen.»
In seinem Wut-Post lässt der US-Präsident jedoch offen, was jetzt geschehen soll.
Nicolas Hayoz sagt dazu: «Man sollte es klar sehen. Er möchte am liebsten vom Krieg davonlaufen. Er wäscht ständig seine Hände in Unschuld, obwohl er wissen könnte, dass gerade sein Nicht-Engagement auf Seiten der Ukraine den Krieg weiterhin verlängert.»
Mit der Kritik an Selenskyj relativiere Trump zudem seine Aussagen zu Putin. «Er meint im Grunde genommen, dass beide für den Krieg verantwortlich sind.»
Hayoz denkt nicht, dass Trumps Worte bei Putin nun etwas auslösen.
«Worte verhallen im Raum, was zählt sind die Fakten. Und Putin schafft Fakten. Das verkennt der naive Trump immer wieder. Putin wird sich durch Trumps Unmutsbekundungen nicht davon abhalten lassen, seine Kriegsziele weiterhin anzustreben.»
«Donald Trump ist für ihn ein nützlicher Idiot, weil …»
Osteuropa-Experte Ulrich Schmid sieht durch Putins Angriffe auf die Ukraine das Verhandlungsangebot der USA untergraben.
«Wenn Putin schon nicht auf einen Waffenstillstand eingeht, so erwartet Trump von ihm doch eine militärische Zurückhaltung. Trump versucht mit dieser Äusserung seine angeschlagene Autorität zu reparieren.»
Der Professor der Uni St. Gallen stellt klar: «Putin geht nur Zweckgemeinschaften ein. Trump ist für ihn ein nützlicher Idiot, weil Putin davon ausgehen kann, dass Trump die Nato schwächen und auch bei der weiteren militärischen Unterstützung der Ukraine Zurückhaltung üben wird.»
Das Idealszenario für Putin ist ...
Das Idealszenario für den russischen Machthaber laute: Die USA ziehen sich entnervt aus den Verhandlungen zurück und überlassen die Ukraine sich selbst «und damit den russischen Angriffen».
Schmid erwartet, dass Donald Trump nach seinem Ärger über Wladimir Putin «schnell auch wieder zu einer Kritik von Selenskyj schwenken» werde. Passend: Den Wut-Post beendet er damit, den ukrainischen Präsidenten für den Krieg verantwortlich zu machen.