

Finanzen: Wieso sich der Blick von Bümpliz nach Boston lohnt

Das Wichtigste in Kürze
- Studien zeigen klar: Geduld schlägt Hektik an den Börsen.
- Trotz Schuldenlast bleibt die US-Wirtschaft ein beeindruckendes Zugpferd.
- 70 Prozent der US-Unternehmen im S&P-500 überraschen bei Gewinnen positiv.
«Mir hei Zyyt». Wer etwas langsamer durchs Leben geht, kommt an der Börse schneller vorwärts.
Eines zeigen Studien der Anlegerpsychologie (Behavioural Finance) klar: Nervöse Trader, die ständig auf die Aktienkurse schielen und Trends nachjagen, schneiden schlechter ab, als gemütliche Faultiere, welche die Hektik an den Börsen schlicht verschlafen. Das Hin und Her macht die Taschen wirklich leer.
Bye-bye Wall Street?
Trotzdem zucken viele brave Sparerinnen und Sparer mit den Fingern. Nach der Hauruck-Zollpolitik der Trump-Administration fragen sie sich bang: «Muss ich mir das noch antun – oder sollte ich mich einfach von der Wall Street verabschieden?»
Dabei gilt bei jeder rasanten Fahrt: Wer ans Ziel kommen will, muss zum Horizont blicken – nicht aufs Armaturenbrett. So haben die Turbulenzen an den Börsen an den langfristigen Trends gar nicht viel geändert. Zum Beispiel liegen die Aktien- und die Anleihenkurse ähnlich hoch wie vor Jahresfrist.
Über die letzten 10 Jahre hinweg hat der US-Aktienmarkt – S&P 500 – den Schweizer Aktienmarkt – Swiss Market Index SMI – sogar in Franken gerechnet hinter sich zurückgelassen. Zwischenzeitliche Korrekturen sind zu erwarten. Doch alle Zeichen deuten darauf hin, dass uns das Land der unbegrenzten Möglichkeiten weiterhin mit kleinen Wirtschaftswundern überraschen könnte.
USA – Hotspot der Forschung
Die USA erwirtschaften rund ein Drittel aller Unternehmensgewinne und über ein Viertel der weltweiten Wirtschaftsleistung. Laut der EU-Kommission (Ende 2024) finanzieren US-Unternehmen mehr als 40 Prozent der globalen Forschung und Entwicklung. Im Software-Bereich sind es sogar 70 Prozent. Die USA ziehen nach wie vor am meisten Risikokapital (Venture Capital) an. Rund ein Drittel aller Deals fallen auf die USA.
Übrigens: Nicht etwa unser Nachbar Deutschland, sondern die USA bilden den wichtigsten Exportmarkt für die Schweiz.
EU-Länder verschuldet wie USA
Die USA lassen sich ihre Rolle als globale Konjunkturlokomotive und ihren Konsumlust allerdings auch etwas kosten: Sie sind mit über 120 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) verschuldet, leben also auf Pump.
Stehen die EU-Länder besser da? Keineswegs. Frankreich nähert sich der 130 Prozent-Marke. In Italien und Griechenland ist die Situation schon aus dem Ruder gelaufen. Und Deutschland scheint auf bestem Weg dorthin.
Gewinne stimmen zuversichtlich
Die US-Zahlen fürs erste Quartal 2025 geben keinen Anlass zur Panik. Unter den Unternehmen im S&P 500 haben bisher rund 70 Prozent die Gewinnschätzungen übertroffen. Damit liegt ein Wachstum von 5 Prozent gegenüber dem Vorjahr drin, schreibt UBS in einem Report. Sie sieht US-Aktien weiterhin als «attraktiv» an und rechnet mit einem leichten Wachstum des Aktienmarkts bis zum Jahresende. Wie bisher dürfte der Technologiesektor ein schönes Stück dazu beitragen.
Und die Moral der Geschichte? Kultinvestor Warren Buffett formuliert sie so: «Wette niemals gegen die USA.»
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Über den Autor:
Stephan Lehmann-Maldonado hat schon als Kind Münzen gesammelt und sich während seines Wirtschaftsstudiums an der Universität Zürich auf Banking und Finance spezialisiert. Parallel dazu, schrieb er bereits für Wirtschaftsmedien, unterrichtete als Handelslehrer und vertiefte sein Wissen in der Bankpraxis. Heute führt er eine Agentur für klare Kommunikation – und freut sich, wenn sich auch die Finanzbranche damit anfreunden kann.
