Warum ein E-Auto nicht gleich «grün» ist

Die Automobilindustrie steht vor der grossen Herausforderung, Emissionen umfassend zu reduzieren – sowohl bei der Nutzung ihrer Produkte als auch in ihren Betrieben und Lieferketten. Dies ist ein fundamentaler Wandel gegenüber der früheren Fokussierung auf effizientere Verbrennungsmotoren und weniger Auspuffemissionen.
Die Komplexität der Wertschöpfungsketten, hohe Kapitalintensität und die Verankerung fossiler Energieträger erschweren dies. Verschärfte Regularien, Investorendruck und Konsumentennachfrage nach Nachhaltigkeit treiben die Entwicklung voran.

Die notwendige Emissionsreduktion erfordert eine systemische Transformation über Produkte, Betrieb und Lieferketten hinweg. Während bisher Produkt- und Betriebseffizienz im Vordergrund standen, müssen nun Lieferkettenemissionen gleichrangig behandelt werden.
Umdenken als Imperativ
Dies bedingt ein Umdenken in Design (Elektrofahrzeuge), Energiequellen, Materialbeschaffung und Zuliefererkooperationen. Es geht um eine Neukonzeption des gesamten Systems. Erfolgreiche Dekarbonisierung wird zum Wettbewerbsvorteil und zieht Investitionen, Talente und Kunden an.

Die Umstellung auf Elektrofahrzeuge (EVs) ist essenziell für die Produktdekarbonisierung, verlagert aber Umweltbelastungen in die Produktion (Batterien) und Stromerzeugung. Der Klimavorteil von EVs hängt stark von sauberer Batterieherstellung und grünem Strom ab.
Ein EV mit Kohlestrom kann anfänglich schlechter abschneiden als ein effizienter Verbrenner, der mithilfe von sauberem Strom hergestellt wurde. EVs sind somit eine Plattform, deren Umweltfreundlichkeit von externen Faktoren abhängt.
Elektroantriebe alleine reichen nicht
Die reine EV-Produktion garantiert keine Dekarbonisierung ohne parallele Bemühungen in Lieferketten und Stromnetzen. Es ist daher mehr Transparenz erforderlich, auch in der Zusammenarbeit mit Zulieferern.

Die Effektivität von EVs variiert regional je nach Stromnetz, was eine Abhängigkeit von energiepolitischen Entscheidungen schafft. Parallel zur Produkttransformation müssen Hersteller ihre eigenen Emissionen durch Energieeffizienz, erneuerbare Energien und Ressourcenschonung reduzieren.
Die Dekarbonisierung der Lieferkette ist jedoch oft bedeutender.
Versäumnisse aufarbeiten
Ressourcenschonung wird angesichts knapper Rohstoffe und geopolitischer Risiken strategisch wichtiger und fördert die Kreislaufwirtschaft. Versäumte Dekarbonisierung führt zu finanziellen Risiken und verpassten Chancen.
Reine EV-Hersteller müssen sich auf transparente und dekarbonisierte Produktionsprozesse und Lieferketten konzentrieren. Traditionelle Hersteller stehen vor der doppelten Herausforderung, die Verbrenner-Herstellung schrittweise zu beenden und gleichzeitig die EV-Produktion hochzufahren.

«Nachhaltigkeitsvergleiche» müssen einen Lebenszyklusansatz (LCA) nutzen, um verschobene Emissionslasten fair zu bewerten und Greenwashing zu vermeiden. Standardisierte LCA-Methoden sind notwendig.