

Gemeinderatssitzung

Im Rahmen seiner Sitzung vom 21. März 2019 hatte der Gemeinderat Klosters-Serneus drei Geschäfte zu behandeln. Zum einen verabschiedete das Klosterser Gemeindeparlament den kürzlich durch Bürgergemeinde und politische Gemeinde unterzeichneten Baurechtsvertrag zwischen der Bauunternehmung Vetsch Klosters AG und der Gemeinde Klosters-Serneus z. Hd. der Urnengemeindeabstimmung vom 19. Mai 2019. Gegenstand des Vertrags bildet die bisher im Mietverhältnis durch das Bauunternehmen als Werkareal genutzte Fläche im Gebiet Unter Ganda in Klosters Dorf. Im Weiteren galt es für die Klosterser Parlamentarierinnen und Parlamentarier, das weitere Vorgehen und die grundsätzlichen Inhalte in Bezug auf die künftigen politischen Gemeindeführungsstrukturen zu definieren. Der von der Arbeitsgruppe vorgeschlagene und vom Gemeindevorstand dem Kommunalparlament zur Weiterverfolgung beantragte Strukturvorschlag „4 gewinnt plus“ wurde schliesslich nach intensiver Diskussion zur Vertiefung und Vorbereitung einer Abstimmungsvorlage z. Hd. einer Verfassungskommission verabschiedet. „4 gewinnt plus“ sieht u. a. neu zusätzlich das Gremium der Gemeindeversammlung vor. Sodann nahm der Rat eine Ersatzwahl in die Meliorationskommission Strukturverbesserungen Saas vor.
Baurechtsvertrag mit Vetsch Klosters AG z. Hd. Urnengemeinde-Abstimmung verabschiedet
Zu Beginn der Sitzung befasste sich der Klosterser Ge- meinderat mit dem kürzlich zwischen der Gemeinde Klosters-Serneus und der Bauunternehmung Vetsch Klosters AG, Klosters Dorf, vorbehältlich der Zustimmung der zuständigen Organe von Bürgergemeinde und politischer Gemeinde abgeschlossenen Baurechtsvertrag für die Bau- rechtsparzelle Nr. D4847. Der 60 Jahre dauernde Vertrag beinhaltet die langfristige Nutzung einer Fläche von 3‘546 m2 im östlichen Teil der gemeindeeigenen Parzelle Nr. 1183, in der Unteren Ganda, Klosters Dorf, durch die Firma Vetsch Klosters AG. Auf diesem bereits seit Längerem im Mietverhältnis genutzten Werkareal soll zu einem eine neue Werkhalle erstellt werden (Fläche 960 m2). Die übrige Fläche wird für verschiedene Überlagerungen (einstweilen 2‘586 m2) genutzt. Der jährliche Baurechtszins für den mit der Hochbaute genutzten Teil der Parzelle beträgt Fr. 6.50/m2. Auf dem Arealanteil, der Überlagerungen und Manövrierflächen zum Gegenstand hat, wird ein Zins von Fr. 3.50/m2 und Jahr belastet. Der reduzierte Ansatz von Fr. 3.50/m2 rechtfertigt sich einerseits damit, dass sich die entsprechende Fläche auf einer alten Kehrichtdeponie befindet und deshalb keine Hochbauten zulässig sind. Andererseits hat die Vetsch Klosters AG ohne Zutun der Gemeinde die erforderliche Terraingestaltung vorgenommen. Der totale jährliche Baurechtszins beträgt Fr. 14‘811.--, was eine Gesamtsumme über die 60-jährige Baurechtsdauer von knapp Fr. 900‘000.-- ergibt.
Bürgergemeindepräsident Thomas Kessler informierte zu Beginn des Traktandums die Anwesenden ausführlich über die Chronologie der Entstehung dieses Baurechtsvertrags. Erste Verhandlungen mit der Vetsch Klosters AG wurden bereits im Jahre 2011 geführt. Zu Beginn war vorgesehen, noch weitere ortsansässige Bauunternehmer in die Entwicklung des entsprechenden Projekts einzubeziehen. Mangels einer für alle beteiligten Unternehmen passenden Lösung konzentrierten sich die Verantwortlichen in der Folge auf die Zusammenarbeit mit Vetsch Klosters AG. Im Dezember 2018 konnten schliesslich die Vertragsverhandlungen erfolgreich abgeschlossen werden.
Die votierenden Gemeinderatsmitglieder sprachen sich insbesondere aufgrund der hohen volkswirtschaftlichen Bedeutung der Bauunternehmung Vetsch für die Gemeinde Klosters-Serneus einhellig für die Unterstützung dieses Baurechtsvertrags aus. Vetsch Klosters AG gehört zu den bedeutendsten Bauunternehmungen in der Region und zu den grössten Arbeitgebern in der Gemeinde, be- schäftigt die Baufirma über das Jahr gesehen, je nach Saison, doch bis zu rund 100 Mitarbeitenden (Saison- und Ganzjahresstellen).
Die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte interessierten sich insbesondere auch für die Heimfallregelung nach Abschluss der Baurechtsdauer und den Festlegungsmechanismus des Baurechtszinses. Bei der Heimfallregelung sind Bürgerrat und Gemeindevorstand, nachdem sich diese von berufener Stelle informieren und beraten liessen, dazu übergegangen, bei entsprechenden Verträgen dem Baurechtsnehmer bei einem Heimfall 70 % des Verkehrswertes des Baurechtsobjekts, aber maximal 100 % des Zeitwertes abzüglich der Abbruch- und Wiederherstellungskosten, abzugelten. Die festzulegenden Baurechtszinsen orientieren sich an den Grundstückschätzungen sowie an der topografischen und geologischen Situation.
Der Gemeinderat sprach sich letztlich einstimmig (mit 13 zu 0 Stimmen) dafür aus, der Klosterser Stimmbevölkerung die Genehmigung des Baurechtsvertrags mit der Vetsch Klosters AG anlässlich der Urnengemeinde-Abstimmung vom 19. Mai 2019 zu empfehlen. Dem Vertrag muss zudem noch die Bürgergemeindeversammlung (April 2019) zustimmen.
Verfassungskommission soll Details der künftigen politischen Führungsstrukturen ausarbeiten
Das Klosterser Gemeindeparlament befasste sich im Wei- teren anlässlich seiner Sitzung mit einem für die politische Zukunft von Klosters-Serneus sehr wichtigen Geschäft, den künftigen Gemeindeführungsstrukturen.
Basierend auf der Motion zur Überprüfung der politischen Führungsstrukturen der Gemeinde Klosters-Serneus und im Lichte der im Frühsommer 2018 abgelehnten Volksini- tiative „Gemeindeversammlung statt Gemeinderat“ hatte der Gemeindevorstand – auch mit Unterstützung des Gemeinderats – Ende Juni 2018 eine Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz von Gemeindevorstandsmitglied Stefan Darnuzer mit der Ausarbeitung eines oder mehrerer Vorschläge für die künftige Neugestaltung der politischen Strukturen der Gemeinde Klosters-Serneus beauftragt.
Nach 7 Arbeitsgruppensitzungen präsentierte die Arbeitsgruppe in Absprache mit dem Gemeindevorstand Ende Dezember 2018 den von der vorgeschlagenen Revision betroffenen Behörden und Kommissionen ihre Vorstellungen. Am 26. Januar 2019 fand schliesslich eine öffentliche Workshop- und Resonanzveranstaltung statt, an der den Teilnehmerinnen und Teilnehmern drei Strukturvarianten vorgestellt und mit diesen erörtert wurden. An ihrer letzten Sitzung sprach sich die Arbeitsgruppe aufgrund der Vernehmlassung dafür aus, nicht eine oder mehrere dieser Strukturvarianten zur Weiterverfolgung vorzuschlagen, sondern mit einem aus allen Varianten konsolidierten Strukturvorschlag „4 gewinnt plus“ an die verantwortlichen Gremien zu gelangen. Der Vorstand unterstützte die Arbeitsgruppe vollumfänglich und stellte schliesslich dem Gemeinderat entsprechend Antrag.
Die unter dem Arbeitstitel „4 gewinnt plus“ vorgeschlagenen Ausgestaltung der Führungsstrukturen steht ganz im Zeichen des Vertrauensgewinns in die Institutionen. Er beinhaltet die Einführung einer Gemeindeversammlung, welche für bestimmte Geschäfte an die Stelle der Urnengemeinde treten soll. Der Gemeinderat soll verkleinert und die Geschäftsprüfungskommission vom Gemeinderat losgelöst werden. Die Baukommission soll zur Baubehörde mit Entscheidungskompetenz aufgewertet werden. Die Mitglieder der Baukommission und der Geschäftsprüfungskommission sollen deshalb neu an der Urne gewählt werden.
Im Gemeinderat stiess das Vorhaben in der Eintretensdebatte nicht auf einhellige Zustimmung. Die FDP- Gemeinderäte Albert Gabriel und Hans Ueli Wehrli störten sich insbesondere an der gemäss Vorschlag zusätzlich vorgesehenen Gemeindeversammlung. A. Gabriel stellte sich generell auf den Standpunkt, dass es keiner grund- sätzlichen Änderung des politischen Systems bedarf, sondern der Erfolg - unabhängig vom jeweiligen System – von der Besetzung der Gremien mit geeigneten Personen abhängt. H. U. Wehrli, der die Gemeindeversammlung für Klosters-Serneus ebenfalls nicht als das richtige Organ beurteilt, sähe die Weiterverfolgung der Gemeindeversammlung nur im Rahmen einer ursprünglich angedachten Variantenabstimmung. Die beiden Gemeinderäte beantragten deshalb Nichteintreten.
Auf vehemente Gegenwehr stiessen die Anträge auf Nichteintreten insbesondere bei den Gemeinderatsvertretern in der Arbeitsgruppe Führungsstrukturen, Gemeinderat Johannes Joos, Gemeinderat Ueli Marugg und Gemeinderat Hans-Peter Garbald jun., sowie weiteren Votanten, welche darauf hinwiesen, dass der Strukturvorschlag „4 gewinnt plus“ die Anliegen von Gegnern und Befürwortern der Ini- tiative „Gemeindeversammlung statt Gemeinderat“ aufnimmt. Weiter sehen die entsprechenden Gemeinderatsvertreter die Gemeindeversammlung als Massnahme zur Wiederherstellung des Vertrauens in die politischen Behörden. Im Rahmen der Gemeindeversammlung kann der Stimmbürger mit dem Vorstand in den Dialog treten, Fragen stellen und unmittelbar Antworten erhalten. Diese Möglichkeit fehlt der Stimmbürgerschaft im bisherigen System.
Der Gemeinderat beschloss schliesslich mit 11 zu 2 Stimmen deutlich, auf das Geschäft einzutreten.
In der Detailberatung, in deren Rahmen den Ratsmitgliedern die beiden externen Projektbegleiter der Arbeitsgruppe, Dr. Reto Loepfe, Rhäzüns, und RA lic. iur. Thomas Nievergelt, Samedan, kompetent Red und Antwort standen, wurden im Weiteren die vorgeschlagenen Ausgestaltungen in Bezug auf die verschiedenen Gremien diskutiert.
Gemeinderat Martin Bettinaglio, unterstützt von Gemeinderat Albert Gabriel, beantragte, auf die Einführung einer Gemeindeversammlung zu verzichten, weil diese nicht zum erhofften Vertrauensgewinn und schon gar nicht zur angestrebten Effizienzsteigerung beitragen werde. Dieser Antrag wurde jedoch knapp mit 7 zu 6 Stimmen abge- lehnt, womit die Einführung dieses Organ weiterverfolgt wird.
Hinsichtlich der Gremien Urnengemeinde, Gemeindevorstand (u. a. Gemeindepräsident neu mit Pensum zwischen 80 und 100 %, übrige Vorstandsmitglieder totales Pensum von 80 %), Schulrat (Reduktion Mitglieder von 5 auf 3), Geschäftsprüfungskommission (Auslagerung aus Gemeinderat und Wahl wieder durch Urnengemeinde), Baukom- mission (neu Funktion als Baubehörde) sowie Gemeindeleitung (Festlegung von verfassungsmässigen Kompetenzen) unterstützte der Gemeinderat die Vorschläge der Arbeitsgruppe weitestgehend vollumfänglich.
Was die Anzahl der Mitglieder des Gemeinderats anbelangt, sprachen sie die Volksvertreter mit grosser Mehrheit dafür aus, diese von 15 auf 11 (nicht gar auf 9) zu reduzieren.
Die Gemeinderatsmitglieder vertraten ebenfalls in grosser Zahl die Auffassung, dass die vorgeschlagenen höheren Finanzkompetenzen gar noch höher ausgestaltet werden sollen.
Grossmehrheitlich beschloss der Gemeinderat letztendlich auch die zeitnahe Vertiefung des Geschäfts und die Einsetzung einer Verfassungskommission für die Ausarbeitung der Details des Strukturvorschlags auch unter Berücksichtigung der im Gemeinderat gefassten Beschlüsse und geführten Diskussion. In die durch den Gemeindevorstand zu wählende Verfassungskommission, erneut unter dem Vorsitz von Gemeindevorstandsmitglied Stefan Darnuzer, wurden von den Fraktionen die Gemeinderäte Albert Gabriel, Hans-Peter Garbald jun., Johannes Joos und Ueli Marugg vorgeschlagen.
Eine entsprechende Vorlage soll im Oktober im Gemeinderat behandelt, die Urnengemeinde-Abstimmung im Dezember 2019 durchgeführt werden.
Ersatzwahl Meliorationskommission Strukturverbes- serungen (SV) Saas
Als Ersatz für den ausgeschiedenen bisherigen Aktuar Oli- ver Lüscher wurde der kurz vor der Pensionierung stehende Mitarbeitender Werkdienst Saas, Hans Peter Küng, gewählt.
Orientierungen und Aussprache
Gemeinderat Albert Gabriel störte sich daran, dass die Ge- setzesvorlage betreffend Öffentlichkeitsprinzip nicht wie versprochen vorgelegt worden ist. Gemeindepräsident Kurt Steck und Gemeinderatspräsidentin Barbara Gujan- Dönier haben angesichts der Fülle anstehender Geschäfte die Prioritäten anders gesetzt. Andererseits haben sie in Aussicht gestellt, dass diese Vorlage im Herbst 2019 noch vorgelegt werden soll. Dies evtl., wie Gemeindevorstandsmitglied Stefan Darnuzer anregte, im Rahmen der Vorlage Gemeindeführungsstrukturen.